Eine Verwaltungsangestellte erleidet auf dem Weg zur Arbeit einen Auffahrunfall und zieht sich eine Halswirbelsäulenzerrung zu. Nach Überweisung durch den Durchgangsarzt wird sie in einer Klinik operiert – doch war dieser Eingriff überhaupt notwendig? Nun muss das Gericht entscheiden, wer für die Kosten und Folgen der möglicherweise überflüssigen Operation aufkommt.
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✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Die Klägerin erlitt am 12. Mai 2014 einen Autounfall auf dem Weg zur Arbeit und klagte sofort über Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen.
- Der Durchgangsarzt diagnostizierte eine Halswirbelsäulen-Distorsion und überwies sie zur MRT-Untersuchung.
- Bei der MRT-Untersuchung wurde eine geringe Bandscheibenvorwölbung zwischen HWK 4/5 festgestellt, die zunächst als traumatische Bandscheibenruptur bewertet und operativ behandelt wurde.
- Die Beklagte erkannte den Unfall als Arbeitsunfall an, aber nur die Distorsion der Halswirbelsäule als Unfallfolge. Eine Bandscheibenverletzung wurde als nicht unfallbedingt eingestuft.
- Ein späteres Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass die Bandscheibenverletzung nicht durch den Unfall verursacht wurde, sondern eine degenerative Veränderung darstellte.
- Die Klägerin machte geltend, dass die Operation und die daraus resultierenden Beschwerden auf den Unfall zurückzuführen seien und verlangte die Anerkennung weiterer Unfallfolgen.
- Das Landessozialgericht hob das Urteil des Sozialgerichts Kiel auf und entschied zugunsten der Klägerin. Es erkannte die Operation und die damit verbundenen Gesundheitsstörungen als Folge des Unfalls an.
- Das Gericht stellte fest, dass die minimalen Einschränkungen der Halswirbelsäulenbeweglichkeit, die Narbe, die Platte und das Cage-Interponat sowie die Anpassungsstörung unfallbedingt sind.
- Die Klägerin erhält eine Erstattung von 4/5 ihrer außergerichtlichen Kosten.
- Diese Entscheidung zeigt, dass bei unklaren medizinischen Diagnosen und unterschiedlichen ärztlichen Gutachten die Gerichte zu Gunsten des Versicherten entscheiden können, wenn ein kausaler Zusammenhang plausibel gemacht wird.
Unfallversicherung muss Kosten für unnötige Operation tragen
Ob bei einem Unfall oder einer Erkrankung – wenn eine medizinische Behandlung erforderlich wird, stellt sich oft die Frage, wer die Kosten dafür übernimmt. Das Sozialgesetzbuch VII regelt in § 11, wann die gesetzliche Unfallversicherung für Heilbehandlungen aufkommen muss. Entscheidend ist dabei, dass die Behandlung in direktem Zusammenhang mit dem versicherten Ereignis steht. Nur dann kommt die Unfallversicherung für die Kosten auf. Ist die Behandlung hingegen nicht erforderlich, weil sie über das medizinisch Notwendige hinausgeht, kann die Kostenübernahme problematisch sein. In einem solchen Fall muss sorgfältig geprüft werden, ob tatsächlich ein ursächlicher Zusammenhang zur Unfallfolge besteht. Anhand eines konkreten Gerichtsurteils wird in den folgenden Abschnitten erläutert, wann eine Heilbehandlung als nicht erforderlich gilt und welche Folgen sich daraus ergeben können.
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