Das Oberlandesgericht Stuttgart hat entschieden, dass die Antragsgegnerin nicht verpflichtet ist, ihren Vermögensstamm zu verwerten, um den Kindesunterhalt zu decken. Die Entscheidung stützt sich auf § 1603 Abs. 1 BGB, der den eigenen angemessenen Unterhalt des Unterhaltspflichtigen schützt und berücksichtigt zudem die testamentarischen Verfügungen der Eltern sowie die Nutzungsrechte des Vaters am Grundstück.
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✔ Kurz und knapp
Verwandtenunterhalt unterliegt nicht einer Billigkeitsabwägung, sondern hängt allein von den gesetzlichen Voraussetzungen des § 1603 Abs. 1 BGB ab.
Ein Unterhaltspflichtiger muss grundsätzlich auch seinen Vermögensstamm zur Bestreitung des Unterhalts einsetzen.
Eine Ausnahme besteht, wenn die Vermögensverwertung den Unterhaltspflichtigen von Einkünften abschneiden würde, die er für weitere Unterhaltsansprüche, andere berücksichtigungswürdige Verbindlichkeiten oder den eigenen angemessenen Unterhalt benötigt.
Die Verwertung einer selbstgenutzten angemessenen Immobilie kann in der Regel nicht verlangt werden.
Eine Vermögensverwertung ist nicht erforderlich, wenn dies für den Unterhaltspflichtigen einen wirtschaftlich nicht mehr vertretbaren Nachteil bedeuten würde.
Bei der Beurteilung sind stets die Umstände des Einzelfalls maßgeblich, eine generelle Billigkeitsabwägung findet nicht statt.
Verwandtenunterhalt: Grenzen der Vermögensverwertungspflicht
Verwandtenunterhalt ist ein wichtiges, aber oft komplexes Thema im Familienrecht. Anders als beim nachehelichen Unterhalt, für den das Gesetz eine Billigkeitsabwägung vorsieht, hängt der Anspruch auf Unterhalt zwischen Verwandten allein von den rechtlichen Voraussetzungen ab. Dabei spielen insbesondere die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten und die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen eine entscheidende Rolle.
Grundsätzlich muss ein Unterhaltspflichtiger auch seinen Vermögensstamm zur Deckung des Unterhalts einsetzen. Allerdings gibt es Ausnahmen, etwa wenn die Verwertung des Vermögens den Unterhaltspflichtigen von Einkünften abschneiden würde, die er für weitere Unterhaltsansprüche oder seinen eigenen Bedarf benötigt. […]