Das Landgericht Mannheim hat entschieden, dass Vermieter von Gewerberäumen bei der Nebenkostenabrechnung die volle Umsatzsteuer auf alle Nebenkosten erheben dürfen, auch wenn diese nicht mit Vorsteuer belastet sind. Die Revision wurde zugelassen, da es sich um eine grundsätzliche Rechtsfrage handelt, die bisher vom Bundesgerichtshof noch nicht entschieden wurde. Das Urteil stellt klar, dass Mieter keinen Anspruch auf Rückzahlung von vermeintlich zu viel gezahlten Nebenkosten haben, wenn der Vermieter zur Regelbesteuerung optiert hat. Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 4 S 45/23 ➔
✔ Kurz und knapp
- Der Vermieter muss bei einer Option zur Regelbesteuerung auf die Gesamtsumme der Nettobetriebskosten die Umsatzsteuer erheben.
- Betriebskosten, die selbst der Umsatzsteuer unterliegen, müssen vom Vermieter zunächst von enthaltenen Umsatzsteueranteilen befreit werden.
- Nach dem Umsatzsteuergesetz nicht steuerbare Leistungen sind unverändert mit den befreiten Kostenpositionen zusammenzuführen.
- Auf die ermittelten Bruttobetriebskosten sind die vom Mieter geleisteten Vorauszahlungen inklusive Mehrwertsteuer anzurechnen.
- Eine doppelte Erhebung der Umsatzsteuer auf bereits versteuerte Betriebskosten ist unzulässig und führt zu einer Überzahlung des Mieters.
- Der Mieter kann die zu viel gezahlten Nebenkosten gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB vom Vermieter zurückfordern.
- Der Mieter kann zudem die auf die Nebenkosten gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer vom Finanzamt erstattet verlangen.
- Die Abrechnung muss formelle Voraussetzungen erfüllen, andernfalls steht dem Mieter ein Zurückbehaltungsrecht zu.
Mehrwertsteuer auf Nebenkosten: Gerichtsurteil klärt Gewerberaummiete
Nebenkosten sind für Mieter ein häufig diskutiertes Thema. Insbesondere bei Gewerberaummietverträgen kann die korrekte Abrechnung und Umlage der Betriebskosten komplex sein. Oftmals ist unklar, wie Mehrwertsteuer-Regelungen hier zu berücksichtigen sind. Vermieter müssen sicherstellen, dass sie die gesetzlichen Vorgaben einhalten und Mieter nicht überfordern. Gleichzeitig haben Mieter ein Interesse daran, nicht mehr als nötig zu zahlen. Ein sorgfältiger Umgang mit Nebenkosten ist daher für beide Seiten wichtig. Im Folgenden soll ein konkreter Gerichtsentscheid zu diesem Thema vorgestellt und analysiert werden.
✔ Der Fall vor dem Landgericht Mannheim
Doppelte Umsatzsteuer bei Nebenkostenabrechnung eines Gewerberaummietvertrags: Ein umstrittener Fall
In diesem Rechtsstreit ging es um die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2018 eines Gewerberaummietvertrags in der L…straße 24, Mannheim. Die Klägerin, Betreiberin eines Friseursalons und Wellnessinstituts, forderte von der Beklagten, der Vermieterin der Räumlichkeiten, die Rückzahlung angeblich zu viel gezahlter Nebenkosten. Die Beklagte hatte die Mieträumlichkeiten am 13.03.2016 an die Klägerin vermietet. Im Mietvertrag wurde festgelegt, dass neben der Grundmiete von 1.900 Euro zzgl. 19% Mehrwertsteuer auch anteilig sämtliche Nebenkosten zu tragen seien, die ebenfalls mit 19% Mehrwertsteuer belastet wurden. Die Klägerin hatte für das Jahr 2018 monatliche Vorauszahlungen von 400 Euro zzgl. 19% Mehrwertsteuer geleistet. Die Beklagte stellte der Klägerin am 08.12.2019 eine Nebenkostenabrechnung über insgesamt 5.609,91 Euro aus, abzgl. der geleisteten Vorauszahlungen in Höhe von 4.800 Euro….