Fahrverbote können trotz langer Verfahrensdauer entfallen, wenn die Erziehungsfunktion des Fahrverbots nicht mehr erfüllt ist. Eine Verzögerung von mehr als zwei Jahren zwischen Tat und Urteil kann zu einer Aufhebung des Fahrverbots führen, wenn das Gericht keine ausreichende Prüfung vornimmt, ob das Fahrverbot weiterhin erforderlich ist. Ein sorgfältige Prüfung der Umstände ist erforderlich, um eine gerechte Entscheidung zu treffen. Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 Ss-OWi 1316/22 ➔
✔ Kurz und knapp
- Fahrverbot kann bei langer Verfahrensdauer entfallen, wenn Zweck der Besinnungsmaßnahme nicht mehr erfüllt ist.
- Zeitraum von über zwei Jahren zwischen Tat und Urteil kann Fahrverbot entfallen lassen.
- Erörterungsmangel, wenn Gericht Abwägung nicht durchführt, ob Fahrverbot noch erzieherisch wirksam ist.
- Urteilsaufhebung im Rechtsfolgenausspruch bei fehlender Erörterung zur Verhältnismäßigkeit des Fahrverbots.
- Rückverweisung zur neuen Verhandlung über Rechtsfolgen bei Amtsgericht erforderlich.
- Verfahrensverzögerung durch Betroffenen kann Zeitablauf unbeachtlich machen für Fahrverbotsanordnung.
- Amtsgericht muss Gründe für Verzögerung prüfen und ausreichend erörtern, um Fahrverbot zu verhängen.
- Geldbuße und Fahrverbot stehen in Wechselwirkung, Aufhebung des Fahrverbots zieht Aufhebung der Geldbuße nach sich.
Fahrverbot nach langem Prozess: Wann ist es noch angemessen?
Verkehrsdelikte sind in Deutschland leider an der Tagesordnung. Sei es zu schnelles Fahren, Rotlichtverstoß oder Alkohol am Steuer – Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung haben oft empfindliche Konsequenzen. Neben Geldbußen drohen in schwerwiegenden Fällen auch Fahrverbote. Dabei kommt es entscheidend darauf an, wie lange es zwischen der Tatbegehung und der rechtskräftigen Verurteilung durch ein Gericht dauert. Denn je länger dieser Zeitraum ist, desto fraglicher kann die erzieherische Wirkung eines Fahrverbots sein. Die Gerichte müssen daher sorgfältig prüfen, ob ein Fahrverbot noch angemessen und verhältnismäßig ist, wenn seit der Tat bereits mehrere Jahre vergangen sind. In einem konkreten Fall, den wir Ihnen im Folgenden näher beleuchten werden, musste sich ein Gericht genau mit dieser Frage auseinandersetzen.
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✔ Der Fall vor dem Amtsgericht Rüsselsheim
Fahrverbot trotz langer Verfahrensdauer: Ein komplexer Rechtsfall
Im vorliegenden Fall geht es um eine Verkehrsordnungswidrigkeit, die letztlich zu einem Fahrverbot führte, obwohl zwischen Tatbegehung und Urteil mehr als zwei Jahre vergangen sind. Am 21. Oktober 2019 überschritt der Betroffene die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 55 km/h bei erlaubten 80 km/h. Das Regierungspräsidium Kassel verhängte daraufhin am 6. Januar 2020 eine Geldbuße von 240 Euro und ein Fahrverbot von einem Monat. Der Betroffene legte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein, woraufhin das Amtsgericht Rüsselsheim am 22. Juni 2021 das Verfahren gemäß § 74 Abs. 2 OWiG ohne Verhandlung zur Sache verwarf, da der Betroffene nicht zur Hauptverhandlung erschienen war….