Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass in Notfällen wie dringendem Harndrang auf der Autobahn ein Fahrverbot nicht zwingend ist. Ein subjektiv nicht vorwerfbares Verhalten und eine notstandsähnliche Situation können zu einer Absehen von einem Fahrverbot führen.
→ Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 5 ORbs 35/24
✔ Das Wichtigste in Kürze
Bei notstandsähnlichen Situationen wie einem dringenden Bedürfnis zur Verrichtung einer Notdurft kann das Handlungsunrecht für ein Fahrverbot entfallen.
Die Umstände des Einzelfalls sind stets sorgfältig gegeneinander abzuwägen, auch unter Berücksichtigung etwaiger Irrtumsaspekte.
Ein Fahrverbot ist nicht angezeigt, wenn der Betroffene subjektiv nicht besonders verantwortungslos handelte.
Ein zwischenzeitlich wieder freigegebener Verkehr mindert den objektiven Erfolgsunwert der Pflichtverletzung.
Die medikamentenbedingte Notlage des Betroffenen sowie dessen irrige Annahme der Verkehrsfreigabe stellten keine besonders vorwerfbaren Umstände dar.
Das Betreten der Autobahn zur Notdurftverrichtung wäre für den Betroffenen nicht zumutbar gewesen.
Das Absehen vom Fahrverbot bei einer Katalogtat der BKatV ist im begründeten Einzelfall möglich.
Der Begründungsaufwand der Gerichte für Fahrverbote bei Katalogverstößen ist lediglich eingeschränkt.
Notdurft auf der Autobahn: Kein Fahrverbot bei besonderen Umständen
(Symbolfoto: ArtOfPhotos /Shutterstock.com)
Häufig stellen Verkehrsverstöße eine große Herausforderung für Autofahrer dar. Neben empfindlichen Geldstrafen drohen in schwerwiegenden Fällen auch Fahrverbote. Eine Sonderregelung gibt es jedoch in Situationen, in denen Autofahrer aufgrund einer dringenden persönlichen Notwendigkeit gezwungen waren, die Verkehrsregeln ausnahmsweise zu missachten. In solchen notstandsähnlichen Lagen kann das Gericht von einem Fahrverbot absehen, sofern der Verstoß nicht in besonders grober Weise erfolgte. Die Gerichte müssen dabei stets sorgfältig die Umstände des Einzelfalls berücksichtigen. Im[…]