Landessozialgericht stärkt Ansprüche von Menschen mit Anfallsleiden auf Erwerbsminderungsrente
Erwerbsminderung kann verschiedene Ursachen haben – unter anderem können auch chronische Erkrankungen wie Anfallsleiden dazu führen. Häufige, unvorhersehbare Arbeitsunfähigkeitsperioden aufgrund gesundheitlicher Probleme können den Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt stark erschweren. In solchen Fällen kann unter Umständen eine Rente wegen Erwerbsminderung berechtigt sein. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür werden jedoch sorgfältig geprüft, um eine mögliche Benachteiligung von Betroffenen zu vermeiden. Im Folgenden wird ein aktuelles Gerichtsurteil zu diesem Thema vorgestellt und analysiert.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Bei häufigen, nicht kalkulierbaren Arbeitsunfähigkeitszeiten aufgrund eines Anfallsleidens liegt eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vor.
Anfallsbedingte Ausfallzeiten sind den „unüblichen Arbeitsbedingungen“ zuzuordnen und können den Arbeitsmarkt verschließen.
Entscheidend sind Häufigkeit, Schwere und Prognose der Anfälle zur Beurteilung der Erwerbsminderung.
Zur Quantifizierung der Anfallsfrequenz können die DGUV-Informationen für Epilepsie herangezogen werden.
Eine stufenweise Wiedereingliederung nach längerer krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ist bei Anfallsleiden oft nicht möglich.
Anonyme Hinweise auf verdeckte Erwerbstätigkeit müssen sorgfältig überprüft werden.
Eine Verschlechterung des Gesundheitszustands (z.B. durch unvorhersehbare Anfälle) kann die erneute Gewährung einer EU-Rente rechtfertigen.
Plausible Zeugenaussagen und ärztliche Bescheinigungen sind bedeutsam bei der Bewertung der Leistungsfähigkeit.
Auch Hobbys wie Tennis spielen können bei gehäuften Anfällen nicht mehr ausgeübt werden.
➜ Der Fall im Detail
Erwerbsminderungsrente bei Anfallsleiden: Landessozialgericht Baden-Württemberg stärkt Rechte von Betroffenen