Nachträgliche Gesamtstrafenbildung: Die Bedeutung von Einzelstrafen und die Grenzen des § 55 StGB
In einem kürzlich ergangenen Beschluss des Amtsgerichts Baden-Baden wurde die Bedeutung und Tragweite des § 55 StGB, der die Bildung nachträglicher Gesamtstrafen regelt, beleuchtet. Im Kern des Falles stand die Frage, ob und inwieweit eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung möglich ist, wenn die Einzelstrafen in einem vorherigen Urteil nicht festgelegt wurden.
Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 5 Ls 206 Js 12614/17 >>>
✔ Das Wichtigste in Kürze
Das Amtsgericht Baden-Baden hat entschieden, dass eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 StGB nicht möglich ist, wenn die Einzelstrafen in einem vorherigen Urteil nicht festgelegt wurden.
§ 55 StGB ermöglicht nur die Bildung von Gesamtstrafen, nicht die Festsetzung von Einzelstrafen.
Ein Urteil des Amtsgerichts Ba. wurde aufgrund krankheitsbedingter Abwesenheit des Vorsitzenden nicht schriftlich festgehalten, wodurch keine Einzelstrafen dokumentiert wurden.
Unter den Strafsenaten des Bundesgerichtshofs gibt es unterschiedliche Ansichten zur nachträglichen Gesamtstrafenbildung ohne festgelegte Einzelstrafen.
Das Amtsgericht Baden-Baden folgte der Ansicht, dass ohne festgelegte Einzelstrafen keine nachträgliche Gesamtstrafenbildung möglich ist.
§ 55 StGB dient nicht dazu, Fehler eines früheren Urteils zu korrigieren oder zu ergänzen.
Die Durchbrechung der Rechtskraft durch § 55 StGB ist nur in engen Grenzen zulässig.
Das Gericht betonte, dass Rechtsmittel wie Berufung und Revision zur Korrektur von Urteilsfehlern existieren.
Im vorliegenden Fall bleiben beide Entscheidungen und deren Strafen nebeneinander bestehen, da das Amtsgericht Ba. keine Einzelstrafen festgesetzt hatte.
Hintergrund des Falles: Verurteilung und fehlende Einzelstrafen
Der Fall betraf einen Verurteilten, der in zwei separaten Urteilen des Amtsgerichts B. und des Amtsgerichts Ba. wegen besonders schweren und gewerbsmäßigen Betrugs zu Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt wurde. Interessanterweise wurde das Urteil des Amtsgerichts Ba. aufgr[…]