Risikoaufklärung und Selbstbestimmungsrecht: Der Fall des „Off-Label-Use“ von Medikamenten
In diesem Urteil, das am 2. Juli 2020 vom Landgericht Berlin unter dem Aktenzeichen 6 O 425/12 erlassen wurde, geht es um eine bedeutende Frage des Medizinrechts: die Pflicht zur Risikoaufklärung über den sogenannten „Off-Label-Use“ von Medikamenten und die daraus resultierenden Konsequenzen. In diesem speziellen Fall wurde ein Medikament, das normalerweise nicht für die Geburtseinleitung vorgesehen ist (der „Off-Label-Use“), ohne ausreichende Aufklärung der Patientin eingesetzt, was zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen beim Neugeborenen führte.
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Die Rolle der Aufklärungspflicht
Die zentrale Problematik in diesem Fall war, dass die Mutter des Klägers nicht ausreichend über den Off-Label-Use des Medikaments aufgeklärt wurde. Das Gericht betonte, dass Patienten das Recht haben, über den Einsatz von nicht standardmäßigen Verfahren oder Medikamenten informiert zu werden. Dieses Informationsrecht erlaubt es ihnen, möglicherweise eine andere, standardgemäße Methode zu wählen – in diesem Fall hätte die Mutter vielleicht auf die Einleitung der Geburt verzichtet, hätte sie die Informationen gehabt.
Überlegungszeitraum und Selbstbestimmungsrecht
Ein weiteres bedeutendes Element dieses Falls war die Diskussion über den benötigten Überlegungszeitraum für den Patienten. Nach Ansicht des Gerichts muss dieser Zeitraum im Hinblick auf den geplanten medizinischen Eingriff ausreichend sein, um eine sorgfältige Abwägung der präsentierten Fakten zu ermöglichen. In diesem Fall hatte die Patientin nur 35 Minuten Zeit zum Überlegen, was das Gericht als unzureichend ansah. Dadurch wurde das Selbstbestimmungsrecht der Patientin beeinträchtigt.
Die Konsequenzen unzureichender Aufklärung
Die Folgen der unzureichenden Aufklärung und der daraus resultierenden Entscheidung, das Medikament Off-Label zu verwenden, waren tragisch. Das Kind leidet unter körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen und wird nie ein unabhängiges Leben führen können. Als Folge dieser Umstände hat das Gericht den Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 300.000 Euro verurteilt. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Beklagten für alle zukünftigen materiellen Schäden aufkommen müssen.
Zukunftsorientiertes Feststellungsinteresse
Neben der direkten Entscheidun[…]