Fahrzeugführer und Missachtung von Verkehrszeichen: Eine Bewertung des Urteils
In einer jüngst gefällten Entscheidung hat das Kammergericht (KG) Berlin ein bemerkenswertes Urteil abgeliefert, das sich auf die Wahrnehmung von Verkehrszeichen und die freie richterliche Beweiswürdigung konzentriert (Az.: 3 Ws (B) 174/20 – 122 Ss 71/20). Im Mittelpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung stand die Frage, ob ein auswärtiger Fahrzeugführer, der angibt, Verkehrszeichen übersehen zu haben, von der Justiz als glaubwürdig angesehen werden kann.
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Die Rechtsbeschwerde und die Grundlage des Falles
Das Urteil datiert vom 31. Juli 2020 und bezog sich auf eine Rechtsbeschwerde der Amtsanwaltschaft Berlin gegen ein Urteil des Amtsgerichts Tiergarten. Der Fahrzeugführer gab an, unkonzentriert gewesen zu sein und infolgedessen sowohl das Verkehrszeichen an der Autobahnausfahrt mit Zusatzzeichen „7,5 t“ und Zeichen 1000-11 (Richtungspfeil nach links) als auch das an der Brücke angebrachte Zeichen 251 sowie die rot-weißen Baken an der Brücke übersehen zu haben.
Die Frage der Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde
In ihrer Beschwerde wandte sich die Amtsanwaltschaft Berlin gegen die Darstellung und Beweiswürdigung des Amtsgerichts. Gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 OWiG war die Rechtsbeschwerde zulässig, da gegen den Betroffenen ursprünglich ein Fahrverbot im Bußgeldbescheid verhängt worden war, das im Urteil jedoch nicht zur Anwendung kam.
Die Bewertung des Amtsgerichts und das Prinzip der freien richterlichen Beweiswürdigung
Das Amtsgericht hat in seiner Bewertung die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass der Betroffene die Verkehrszeichen gesehen oder übersehen haben könnte. Dabei wurden die Aussagen des Betroffenen berücksichtigt, er sei auswärtig und habe sich auf die Routenplanung seines Navigationsgerätes verlassen. Nach Auffassung des Amtsgerichts war die Aussage des Betroffenen, er habe die Verkehrszeichen übersehen, nicht widerlegbar.
Die Auffassung der Amtsanwaltschaft und das letzte Wort des Gerichts
Die Amtsanwaltschaft argumentierte, dass ein Kraftfahrer in fremder Umgebung den Verkehrszeichen besondere Aufmerksamkeit schenken sollte, konnte jedoch das Gericht nicht von ihrer Sichtweise überzeugen. Die letztendliche Entscheidung legte nahe, dass Ortsunkenntnis ebenso zu Überforderung und Ablenkung führen kann, wie sie erhöhte Konzentration u[…]