Wirtschaftlichkeitsgebot und Fahrzeug-Restwert: Schlüsselentscheidung im Verkehrs- und Versicherungsrecht
Das von der Kanzlei Kotz vorgelegte Urteil dreht sich um die komplexe Rechtsfrage im Zusammenhang mit der Ermittlung des Restwerts eines verunfallten Fahrzeugs und der Erfüllung des Wirtschaftlichkeitsgebots, geregelt in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. In dem konkreten Fall, verhandelt vor dem Landgericht Gießen (Az.: 3 O 479/19), ging es um die Verpflichtung des Geschädigten eines Verkehrsunfalls, wirtschaftlich zu agieren, wenn er den Verkauf seines beschädigten Fahrzeugs plant. Das Kernproblem bestand darin, ob der Geschädigte dazu verpflichtet war, vor der geplanten Schadensbehebung alternative Vorschläge des Schädigers einzuholen und gegebenenfalls zu berücksichtigen.
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Deutung des Wirtschaftlichkeitsgebots
Die Rechtsprechung sieht es in der Regel als hinreichend an, wenn der Geschädigte sein Fahrzeug zum Preis verkauft, der vom beauftragten Gutachter auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt wurde. Dies gilt insbesondere, wenn das erstellte Gutachten eine korrekte Wertermittlung aufzeigt. Demnach kann der Geschädigte in berechtigtem Vertrauen auf das Gutachten sein Fahrzeug reparieren lassen und hat das Recht, die entstandenen Kosten erstattet zu bekommen, auch wenn das Gutachten fehlerhaft war und die Reparatur objektiv nicht nötig gewesen wäre.
Risiken des Schädigers und Obliegenheiten des Geschädigten
Die Schlussfolgerung aus diesem Urteil ist, dass der Schädiger das Risiko trägt, dass sich der gewählte Reparaturweg im Nachhinein als nicht so oder nicht im ausgewählten Umfang als notwendig erweist. Jedoch stellt dies keine Blankovollmacht für den Geschädigten dar. Er muss den Nachweis erbringen, dass er wirtschaftlich gehandelt hat, sowohl bei der Beauftragung als auch bei der Überwachung der Reparaturwerkstatt. Dabei muss er die Interessen des Schädigers an der Minimierung der Kosten berücksichtigen.
Unfallschadensbeseitigung und Ersatzfähigkeit von Kosten
Die im Urteil behandelten Grundsätze besagen zudem, dass auch die nicht gezahlten Positionen der Abschleppkosten erstattungsfähig sind, wenn sie zur Beseitigung des Unfallschadens objektiv nicht erforderlich gewesen sein sollten. Solange sie sich aus der Sicht des Klägers subjektiv als erforderlich dargestellt haben, können diese Kosten geltend gemacht werden. Darüber hinaus sind in Verkehrsun[…]