Unklarheiten bei Verkehrsunfällen: Nachweislast und Beweiswürdigung
In einem komplexen Fall, der vor den deutschen Gerichten verhandelt wurde, ging es um einen Verkehrsunfall zwischen einem Linksabbieger und einem Überholer. Die Hauptproblematik des Falles lag in der Frage der Beweislast und der Beweiswürdigung. Beide Aspekte sind entscheidend für die Beurteilung der Schuldfrage und damit für die Entscheidung, wer die Kosten des Unfalls tragen muss.
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Unrichtige Beweiswürdigung und Nachweislast
Die Gerichte sind gemäß § 1 ZPO an die Beweiswürdigung des Erstgerichts gebunden. In diesem Fall wurde jedoch festgestellt, dass das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen war, dass der klägerische Fahrer gegen § 5 III Nr. 1 StVO verstoßen und in unklarer Verkehrslage überholt habe. Entscheidend ist hierbei, dass die Beklagtenseite den Nachweis dafür führen muss, dass ein entsprechender Verstoß auf Klägerseite gegeben ist.
Unklare Verkehrslage und Sachverständigenbeweis
Eine unklare Verkehrslage kann vorliegen, wenn die Verlangsamung der Geschwindigkeit des Vorausfahrenden in Verbindung mit der Verkehrssituation und der Örtlichkeit geeignet ist, Zweifel über die beabsichtigte Fahrweise des Vorausfahrenden aufkommen zu lassen. Hier konnte die Beklagtenseite den entsprechenden Nachweis jedoch nicht erbringen. Entscheidend war dabei die Einschätzung des Sachverständigen Dr. S., der die Kollisionsgeschwindigkeit auf 100 bis 120 km/h eingrenzte.
Beweislast und Geschwindigkeitsüberschreitung
Ein weiterer Streitpunkt war die Geschwindigkeit des klägerischen Fahrers. Auch hier obliegt die Beweislast der Beklagtenseite. Das Gericht entschied, dass Unklarheiten über die Geschwindigkeit zu Lasten der Beklagtenseite gehen und das es keinen Nachweis für eine höhere Geschwindigkeit des klägerischen Fahrzeuges als die erlaubten 100 km/h geben kann. Die Schätzung des klägerischen Fahrers und die Ausführungen des Sachverständigen reichen hierfür nicht aus.
Keine Zulassung der Revision
Das Gericht entschied, dass keine Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 II 1 ZPO vorliegen. Es handelte sich hierbei um einen Einzelfall, der nicht von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abweicht. Daher war weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
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