Klarheit im Erbrecht: Schicksal einer testamentarischen Erbeinsetzung
Der Ausgangspunkt dieses spannenden Falles war ein sogenanntes Berliner Testament, bei dem ein Ehepaar sich gegenseitig zu Alleinerben erklärt. Nach dem Tod beider Eheleute, stellt sich allerdings die Frage, wer das Erbe antreten soll. Hier kommt die Klausel „Im Falle eines gemeinsamen Ablebens“ ins Spiel, die allerdings für verschiedene Interpretationen offen ist.
Das Ehepaar hatte in ihrem Testament festgelegt, dass ihre Nichten, die Beteiligten zu 1 und 2, im Falle ihres gemeinsamen Todes als Erbinnen eingesetzt werden sollten, und zwar die Beteiligte zu 1 mit einem Erbanteil von 60% und die Beteiligte zu 2 mit einem Erbanteil von 40%.
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Das Testament und seine Interpretation
Nachdem das Ehepaar verstorben war, beantragten die Beteiligten zu 1 und 2 beim Nachlassgericht einen Erbschein, der ihre Erbberechtigung feststellen sollte. Das Gericht sah jedoch Unklarheiten im Testament, insbesondere hinsichtlich der Formulierung „Im Falle eines gemeinsamen Ablebens“. Es war nicht klar, ob diese Formulierung eine sogenannte Schlusserbeneinsetzung der beiden Nichten darstellte, die dann zum Tragen kommen würde, wenn beide Eheleute verstorben sind.
Die ablehnende Entscheidung des Nachlassgerichts
Das Nachlassgericht lehnte schließlich den Antrag auf Erteilung des Erbscheins ab. Es argumentierte, dass die Beteiligten zu 1 und 2 aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments nicht als Erbinnen des Erblassers festgestellt werden konnten. Selbst eine Interpretation des Testaments unter Berücksichtigung aller Begleitumstände erbrachte keine ausreichende Klarheit, ob eine Schlusserbeneinsetzung der Nichten vorgesehen war.
Die Wende vor dem OLG Düsseldorf
Die Beteiligten zu 1 und 2 ließen sich jedoch nicht entmutigen und zogen vor das OLG Düsseldorf. In einer wegweisenden Entscheidung vom 28. April 2021 änderte dieses Gericht die Ablehnungsentscheidung des Nachlassgerichts. Es wies das Nachlassgericht an, den von den Nichten beantragten Erbschein, der die Beteiligte zu 1 als Erbin zu 6/10 und die Beteiligte zu 2 als Erbin zu 4/10 ausweist, zu erteilen.
Diese Entscheidung bietet eine wertvolle Klarstellung im Erbrecht, indem sie die testamentarische Regelung „Im Falle eines gemeinsamen Ablebens“ präzisiert und deren Auswirkungen im Hinblick auf die Erbeinsetzung deutlic[…]