Verkehrsunfall: Schmerzensgeldanspruch und Haftungsquote
In einem Rechtsstreit um Schmerzensgeld aufgrund eines Verkehrsunfalls verfolgt die Klägerin in Berufung ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Der Unfall ereignete sich, als die gehbehinderte Klägerin eine Straße überqueren wollte und dabei mit einem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw kollidierte.
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Das erstinstanzliche Urteil
Das Landgericht erklärte die Schmerzensgeldklage dem Grunde nach mit der Maßgabe einer Haftung der Beklagten zu einem Drittel für gerechtfertigt. Die Klägerin legte daraufhin Berufung ein und begründete diese.
Die Berufung der Klägerin
Die Klägerin macht geltend, dass in einem Verfahren der Eigentümerin des Beklagtenfahrzeugs gegen sie vor dem Amtsgericht Meißen von einem 80 %igen Haftungsanteil der Gegenseite ausgegangen worden sei. Dies habe für das vorliegende Verfahren präjudizielle Wirkung.
Entscheidung des Senats
Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg. Der Senat entschied, dass die Klägerin gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Schmerzensgeld hat, wobei gemäß §§ 9 StVG, 254 BGB, 25 Abs. 3 StVO ein hälftiges Mitverschulden zu berücksichtigen ist.
Lichtverhältnisse und Erkennbarkeit der Klägerin
Ein zusätzliches Sachverständigengutachten zur Frage der Erkennbarkeit der Klägerin aufgrund der Lichtverhältnisse war nicht erforderlich. Die Entfernung zwischen der Einmündung und der Unfallstelle betrug lediglich etwa 40 Meter. Es war zwar dunkel, aber es gab keine witterungsbedingten Sichtbeschränkungen und die Fahrbahn war trocken. An der Unfallstelle war eine funktionierende moderne Straßenbeleuchtung vorhanden und das Beklagtenfahrzeug fuhr mit eingeschalteter Beleuchtung. Die Klägerin trug eine schwarze Hose und eine etwas hellere blaue Jacke ohne Reflexmaterial und benutzte hellblaue Gehilfen ohne Reflektoren. Damit war sie unter Berücksichtigung der Umstände für den Fahrer des Beklagtenfahrzeugs ohne Einschränkungen wahrnehmbar.
Haftungsquote und Revisionszulassung
Unter Berücksichtigung der Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs, des erhöhenden Verschuldens des Fahrers wegen Verstoßes gegen das Sichtfahrgebot und des erheblichen Mitverschuldens der Klägerin wegen Verstoßes gegen § 25 Abs. 3 StVO, wurde eine Haftungsquote von 50:50 als angemessen erachte[…]