Betriebsrat beantragt gerichtliche Anordnung gegen Arbeitgeber.
Der Betriebsrat fordert vom Arbeitgeber, Kündigungen nur noch nach einer vorherigen Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 BetrVG auszusprechen. Der Betriebsrat wirft dem Arbeitgeber vor, in der Vergangenheit mehrere Kündigungen ohne vorherige Anhörung ausgesprochen zu haben. Das Arbeitsgericht hatte den Antrag zurückgewiesen, weil es keinen groben Verstoß gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten gesehen hatte. Der Betriebsrat legte Beschwerde gegen diese Entscheidung ein. Das Landesarbeitsgericht gab der Beschwerde statt und verpflichtete den Arbeitgeber, bei jeder Kündigung den Betriebsrat vorab gemäß § 102 BetrVG zu beteiligen. § 23 Abs. 3 BetrVG gewährt dem Betriebsrat ein eigenes Recht, gegen den Arbeitgeber vorzugehen, wenn dieser grobe Verstöße gegen das BetrVG begeht. […]
Hessisches Landesarbeitsgericht – Az.: 16 TaBV 191/21 – Beschluss vom 08.08.2022
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 9. November 2021 – 24 BV 534/20 – abgeändert:
1. Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, es zu unterlassen, Kündigungen auszusprechen, ohne zuvor den Betriebsrat nach § 102 BetrVG zu beteiligen.
2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen ihre Verpflichtung aus Ziffer 1 wird der Arbeitgeberin ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000,00 EUR (in Worten: Zehntausend und 0/100 Euro) angedroht.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über einen Unterlassungsantrag des Betriebsrats (Antragsteller) gegenüber dem Arbeitgeber (Beteiligter zu 2) nach § 23 Abs. 3 S. 1 BetrVG sowie über die Androhung eines Ordnungsgeldes.
Ende Februar 2019 erklärte der Arbeitgeber gegenüber dem Mitarbeiter A eine Kündigung, ohne den Betriebsrat zuvor angehört zu haben. Der Betriebsrat beanstandete dies (sowie verschiedene Verstöße gegen § 99 Abs. 1 BetrVG) mit Schreiben vom 16. April 2019 (Bl. 7, 8 der Akte). Daraufhin teilte der Arbeitgeber der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats unter dem 24. April 2019 (Bl. 9, 10 der Akte) mit, dass im Fall des Herrn A eine Anhörung des Betriebsrats deshalb unterblieben sei, weil die Kündigung in Abstimmung mit dem Rechtsbeistand und auf dessen Wunsch ausgesprochen wurde, um aus der Aufhebungsvereinbarung eine Abwicklungsvereinbarung zu machen.
Ende September 2020 erklärte der Arbeitgeber sechs krankheitsbedingte Kündigungen, ohne den Betriebsrat zuvor beteiligt zu haben. Der Arb[…]