BVerwG – Az.: 3 C 9/18 – Urteil vom 11.04.2019
Leitsatz: Bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis, der erstmals unter einer seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat, darf die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel nicht ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen und ihm unmittelbar die Fahrerlaubnis entziehen. In solchen Fällen hat sie gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV nach pflichtgemäßem Ermessen über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden (Teilweise Aufgabe von BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13).
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen AM, B und L sowie seiner Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung.
Der Kläger wurde am 13. Dezember 2015 gegen 12:45 Uhr als Führer eines Kraftfahrzeugs einer Verkehrskontrolle unterzogen. Bei ihm wurden ein Päckchen künstlicher Urin, ein Grinder mit Marihuana-Resten und ein Päckchen Longpaper gefunden. In der um 14:26 Uhr entnommenen Blutprobe stellte die Gesellschaft für rechtsmedizinische Untersuchungen und Sachverständigentätigkeit Tübingen 4,3 ng/ml des psychoaktiven Cannabiswirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC), 2,9 ng/ml 11-Hydroxy-THC (11-OH-THC) und 37,8 ng/ml THC-Carbonsäure (THC-COOH) im Blutserum fest. Im Anhörungsverfahren ließ der Kläger mitteilen, es habe sich um einen erst- und einmaligen Cannabiskonsum auf einer Party gehandelt, die am selben Tag zwischen 3:00 Uhr und 7:00 Uhr morgens stattgefunden habe.
Mit Bescheid vom 29. Juni 2016 entzog das Landratsamt München dem Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis der Klassen AM, B und L sowie die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung und verpflichtete ihn unter Androhung eines Zwangsgelds zur Ablieferung seines Führerscheins sowie seines Fahrgastbeförderungsscheins für Mietwagen innerhalb von sieben Tagen nach Zustellung des Bescheids. Der Kläger habe gelegentlich Cannabis konsumiert und durch seine Teilnahme am Straßenverkehr unter der Wirkung von Cannabis dokumentiert, dass er nicht bereit oder in der Lage sei, zwischen Cannabiskonsum und Fahren zu trennen. Seine Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen stehe damit fest; weitere Aufklärungsmaßnahmen seien nicht erforderlich.
Den Widerspruch des Klägers wies die Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom 8. September 2016 zurück. Seiner Klage hat das Verwaltungsgericht stattgegeben und die angegriffenen Bes[…]