OLG Stuttgart – Az.: 9 U 355/21 – Urteil vom 27.04.2022
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 02.12.2021, Az. 34 O 16/21 KfH, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
(1) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 150.000,00 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 01.11.2020 zu bezahlen.
(2) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 2.285,40 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 04.03.3021 zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um die Fälligkeit der Auszahlung eines zum Zwecke des Umbaus einer Immobilie abgeschlossenen Darlehens.
Die Klägerin macht im Wege der offenen Teilklage die Auszahlung von weiteren 150.000 Euro eines über den Betrag von 800.000 Euro abgeschlossenen Darlehens geltend, von dem die Beklagte bislang lediglich 117.720,48 Euro ausbezahlt hat. Während die Klägerin der Ansicht ist, das Darlehen sei ohne weitere Vorbedingung, insbesondere ohne Vorlage von Rechnungen, auszubezahlen, geht die Beklagte unter Hinweis auf den Vertragswortlaut und die einbezogenen „Allgemeinen Bedingungen für Kredite und Darlehen“ (nachfolgend: AGB) davon aus, es handele sich um ein „Baudarlehen“, bei dem Auszahlungen nur gegen Nachweise erfolgen können.
In dem Darlehensvertrag (nachfolgend: DV) ist unter Ziff. 3.2. bestimmt:
„Das Darlehen wird zu einem Auszahlungskurs von 100% zu Gunsten Konto […] ausgezahlt.“
Weitere Angaben zur Auszahlung enthält der Vertrag selbst nicht. In den einbezogenen AGB heißt es jedoch in Ziff. 18:
„Der Kredit kann erst in Anspruch genommen werden, wenn sämtliche vertraglichen Bedingungen erfüllt sind […] Bei Baukrediten erfolgt die Auszahlung üblicherweise nach Baufortschritt […].“
Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatbestandlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.