OLG Saarbrücken – Az.: 4 Ws 194/22 – Beschluss vom 01.07.2022
1. Auf die sofortige Beschwerde des Verteidigers wird der Beschluss des Vorsitzenden der 8. Großen Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 27. Juni 2022 aufgehoben als Pflichtverteidiger des Angeklagten e n t p f l i c h t e t.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Landeskasse.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer wurde durch Beschluss des Vorsitzenden der 8. Großen Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 10. September 2020 (Az.: 8 KLs 20/20) zum Pflichtverteidiger des Angeklagten bestellt. In einem ersten Hauptverhandlungstermin vom 01. Dezember 2020 wurde das Verfahren aufgrund der Erkrankung einer Sachverständigen ausgesetzt. Die Hauptverhandlung wurde am 04. März 2021 neu begonnen und am 09. März 2021, 30. März 2021, 19. April 2021 und 26. April 2021 fortgesetzt, bevor sie aufgrund eines Wechsels des Kammervorsitzenden erneut ausgesetzt werden musste. Vor dem erneuten Neubeginn der Hauptverhandlung am 29. Juni 2022 beantragte der Verteidiger mit Schriftsatz vom 15. Juni 2022, ihn als Pflichtverteidiger des Angeklagten zu entpflichten und dem Angeklagten einen neuen Pflichtverteidiger beizuordnen. Zur Begründung gab er an, das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Angeklagten sei endgültig zerstört, so dass keine angemessene Verteidigung mehr gewährleistet sei. Im letzten Gespräch mit dem Angeklagten hätten sich derart konträre Ansichten und gegenteilige Meinungen aufgetan, dass es aus seiner Sicht keine Möglichkeit gebe, den Angeklagten angemessen zu verteidigen. Auch der Angeklagte wünsche die Beiordnung eines anderen Verteidigers. Die Nebenklagevertreterin ist einer Auswechslung des Pflichtverteidigers nicht entgegengetreten. Die Staatsanwaltschaft wurde angehört, hat jedoch keine Stellungnahme abgegeben.
Der Vorsitzende der 8. Großen Strafkammer hat „den Antrag auf Entpflichtung von Rechtsanwalt L. und Bestellung eines neuen Pflichtverteidigers“ durch Beschluss vom 27. Juni 2022 zurückgewiesen. Er ist der Auffassung, eine Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses sei nicht hinreichend substantiiert dargetan, zumal die behaupteten Meinungsverschiedenheiten im Rahmen früherer Hauptverhandlungstermine nicht zu Tage getreten seien. Auch der Beschleunigungsgrundsatz gebiete es, es bei der Beiordnung des bisherigen Pflichtverteidigers zu belassen, zumal bereits im früheren Verfahrensverlauf die damals bestellte Pflichtverteidigerin des Angeklagten entpflichtet worden und der jetzige Entpflichtungsantrag[…]