Oberlandesgericht Schleswig-Holsteinisch – Az.: 7 U 22/21 – Urteil vom 10.08.2021
Auf die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten wird das am 08.02.2021 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 13. Zivilkammer des Landgerichts Kiel einschließlich des zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Kiel zurückverwiesen.
Die Gerichtskosten des zweitinstanzlichen Verfahrens werden niedergeschlagen. Über die Kosten im Übrigen hat das Landgericht zu entscheiden.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klägerin ist der gesetzliche Krankenversicherer des 1952 geborenen W.. Sie macht auf sie übergegangene Ansprüche gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs.1 StVG iVm § 116 SGB X geltend.
Der Versicherte der Klägerin erlitt am 27.02.2014 gegen 19:50 Uhr als Fußgänger auf der S. Straße in L. auf Höhe der Zufahrt zum dortigen „Penny-Markt“ einen Verkehrsunfall, bei dem er schwerst verletzt wurde.
Beim Überqueren der S. Straße wurde er von dem Beklagten zu 1) als Fahrer des Pkws Opel Corsa, dessen Halter der Beklagte zu 2) war und der bei der Beklagten zu 3) gegen Haftpflichtschäden versichert war, frontal angefahren (Lichtbilder Bl. 795/795 Rück d. A.). Aus Sicht des Beklagten zu 1) überquerte der dunkel gekleidete Versicherte der Klägerin die Fahrbahn von links nach rechts, wobei er unstreitig nicht auf den bevorrechtigten Fahrzeugverkehr achtete. Unmittelbar vor der Kollision mit dem Beklagten zu 1) war der Versicherte der Klägerin vor das in Gegenrichtung des Beklagten zu 1) fahrende Fahrzeug des Zeugen S. gelaufen, der jedoch sein Fahrzeug noch rechtzeitig vor dem Geschädigten zum Stehen brachte. Anschließend verunfallte dieser auf der Gegenfahrbahn.
Eine dem Versicherten der Klägerin um 20:52 Uhr entnommene Blutprobe wies einen Blutalkoholgehalt von 2,5 ‰ auf. Zum Unfallzeitpunkt war der Geschädigte schon seit Jahren alkoholkrank.
Er erlitt ein Polytrauma (genaue Diagnosen Bl. 8 d. A.) mit schweren Verletzungen von Kopf, Thorax, Becken, zudem eine Ruptur der Harnblase sowie eine offene Unterschenkelfraktur rechts.
Wegen seiner Alkoholerkrankung erlitt er ferner ein „hyperaktives Delir“, das mit Clonidin und Melperon sowie anschließend mit Haldol therapiert werden musste. Vom Unfalltag (27.2.2014) bis zum 17.04.2014 wurde der Geschädigte stationär im Universitätsklinikum behandelt, wobei er bis zum 12.03.2014 intensivmedizinisch versorgt werden musste. Die ihm anschließe[…]