Oberlandesgericht Thüringen – Az.: 1 OLG 121 SsRs 30/21 – Beschluss vom 10.08.2021
1. Die Rechtsbeschwerde wird zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen (Alleinentscheidung des mitunterzeichnenden Einzelrichters).
2. Die Sache wird auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden übertragen (Alleinentscheidung des mitunterzeichnenden Einzelrichters).
3. Die Rechtsbeschwerde wird verworfen.
4. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.
Gründe
I.
Wegen des Vorwurfs, er habe sich am 24.04.2020 gegen 22:30 Uhr im Hof des Anwesens … in W. mit mindestens 6 weiteren Personen aufgehalten, von denen mehr als eine haushaltsfremd gewesen sei und dadurch gegen § 3 Abs. 1 der Dritten Thüringer Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 (im Folgenden: 3.ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO), bußgeldbewehrt in § 14 Abs. 3 Nr. 3 der genannten Verordnung, verstoßen, verhängte die Stadt W. gegen den Betroffenen mit Bußgeldbescheid vom 28.10.2020 eine Geldbuße in Höhe von 200,- €.
Gegen diesen ihm am 30.10.2020 zugestellten Bußgeldbescheid legte der Betroffene mit bei der Stadt am 06.11.2020 eingegangenen Schreiben vom 05.11.2020 „Widerspruch“ ein.
Aufgrund der auf den Einspruch des Betroffenen anberaumten Hauptverhandlung vom 11.01.2021 stellte das Amtsgericht Weimar fest, dass sich der Betroffene in den Abendstunden des 24.04.2020 zusammen mit mindestens sieben weiteren Personen im Hinterhof des Hauses … in W. aufgehalten hat, um den Geburtstag eines der Beteiligten zu feiern, wobei sich die insgesamt acht Beteiligten auf sieben verschiedene Haushalte verteilten, erkannte, dass dieses Verhalten des Betroffenen gegen § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 der 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO vom 18.04.2020 in der Fassung vom 23.04.2020 – bußgeldbewehrt in § 14 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 der genannten Verordnung – verstieß und sprach ihn von dem so konkretisierten Tatvorwurf des Bußgeldbescheids durch Urteil vom 11.01.2021 aus Rechtsgründen mit der Begründung frei, die vorgenannten Vorschriften seien bereits aus formellen Gründen verfassungswidrig, weil diese von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im Infektionsschutzgesetz nicht gedeckt seien. Das allgemeine Kontakt- bzw. Ansammlungsverbot sei überdies auch aus materiellen Gründen verfassungswidrig, weil es die in Art. 1 Abs. 1 GG als unantastbar garantierte[…]