BayObLG – Az.: 202 ObOWi 718/22 – Beschluss vom 30.05.2022
In dem Bußgeldverfahren wegen fahrlässiger Verkehrsordnungswidrigkeit erlässt das Bayerische Oberste Landesgericht – 2. Senat für Bußgeldsachen – am 30. Mai 2022 folgenden Beschluss
I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Freising vom 15. Februar 2022 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Amtsgericht Freising zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer am 03.08.2021 um 11.20 Uhr auf einer Auto-bahn begangenen fahrlässigen Überschreitung der durch Zeichen 274 angeordneten zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um – toleranzbereinigt – 47 km/h (§ 24 StVG i.V.m. §§ 3 Abs. 3 Nr. 2c, 49 Abs. 1 Nr. 3 StVO) entsprechend den Festsetzungen im Bußgeldbescheid vom 26.10.2021 zu einer Geldbuße von 160 Euro verurteilt und gegen ihn gemäß §§ 25 Abs. 1 Satz 1 [1. Alt.j, 26a StVG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKatV entsprechend Nr. 11.3.7 der Tabelle 1c zum BKat in der zur Tatzeit bis zum 08.11.2021 gültigen Fassung vom 20.04.2020 ein mit der vorläufigen Vollstreckungserleichterung nach § 25 Abs. 2a StVG (sog. ,Vier-Monats-Reger) verbundenes Regelfahrverbot für die Dauer eines Monats angeordnet. Mit seiner hiergegen gerichteten Rechtsbeschwerde rügt der anwaltlich vertretene Betroffene die Verletzung sachlichen Rechts. Mit Zuleitungsschrift vom 17.05.2022 beantragt die Generalstaatsanwaltschaft München, die Rechtsbeschwerde gemäß § 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWG als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet und zwingt den Senat auf die (unausgeführte) Sachrüge hin zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
1. Aufgrund der vom Amtsgericht noch am Tag der Hauptverhandlung und Fertigstellung des Protokolls am 15.02.2022 angeordneten und am 22.02.2022 bewirkten Bekanntgabe durch (urschriftliche) Aktenübersendung an die Staatsanwaltschaft „zur Kenntnisnahme gern. § 41 StPO“ (BI. 37 d.A.) eines entgegen § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 267 StPO ohne Urteilsgründe abgefassten sog. ,Protokollurteils‘ ist dem Senat eine materiell-rechtliche Überprüfung auf etwaige Rechtsfehler von vornherein verwehrt mit der Folge, dass es auf die nachträgliche, jedoch unzulässige und damit für das vorliegende Rechtsbeschwerdeverfahren nicht meh[…]