OLG Oldenburg – Az.: 2 Ss (OWi) 231/21 – Beschluss vom 28.10.2021
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Brake vom 22.7.2021 aufgehoben.
Das Verfahren wird auf Kosten der Landeskasse eingestellt. Es wird davon abgesehen, die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Landeskasse aufzuerlegen.
Gründe
Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße von 480 € verurteilt.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde, mit der er Verjährung geltend macht
Sie hat entsprechend der Zuschrift der Generalstaatsanwaltschaft Erfolg.
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Einstellung des Verfahrens gegen den Betroffenen.
Der Tatvorwurf ist verjährt:
Es kann dabei sogar dahinstehen, ob die fehlgeschlagene Zustellung des Bußgeldbescheides vom 25.06.2020 an den Betroffenen durch die spätestens am 9. 7. 2020 erfolgte Übermittlung eines Duplikat des Bußgeldbescheides an die Verteidigerin geheilt worden ist (im Folgenden unter a) oder nicht (im Folgenden unter b)).
a:
Eine Heilung könnte hier unter Berücksichtigung der Entscheidung des Senats vom 21.05.2019 (2 Ss (OWi) 109/19) eingetreten sein: Die Verteidigerin hatte bereits mit Schreiben vom 08.05.2020 ihre ordnungsgemäße Bevollmächtigung versichert und später eine am 19.07.2021 unterzeichnete Vollmachtsurkunde vorgelegt, die ihr auch die Befugnis zur Entgegennahme von Zustellungen einräumte. Da nichts Gegenteiliges ersichtlich ist, spricht auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des OLG Celle vom 27.3.2019 (2 Ss (OWi) 101/19, juris), somit viel dafür, dass die Verteidigerin hier bereits seit Beginn des Mandatsverhältnisses über eine rechtsgeschäftliche Vollmacht zur Entgegennahme von Zustellungen verfügte.
Verjährung wäre bei Annahme einer wirksamen Zustellung – durch Zugang bei der Verteidigerin – jedoch in dieser Konstellation deshalb eingetreten, weil die nächste verjährungsunterbrechende Handlung erst der Eingang der Akten beim Amtsgericht am 24.02.2021 gewesen ist.
Der Erlass der Bußgeldbescheide vom 14.07.2020 und 21.09.2020 hatte nämlich keine Unterbrechungswirkung: Eine erneute Unterbrechung der Verjährung nach § 33 Abs. 1 Nummer 9 OWiG ist durch einen weiteren Bescheid zwar grundsätzlich möglich, jedoch nur dann, wenn ein sachlicher Grund für den Erlass eines neuen Bußgeldbescheides besteht und dieser nicht -allein- der Verj[…]