VGH München – Az.: 11 CS 21.1896 – Beschluss vom 07.12.2021
Leitsätze:
1. Die eignungsausschließende Einnahme von Betäubungsmitteln setzt grundsätzlich einen willentlichen Konsum voraus. Die unbewusste Einnahme von Betäubungsmitteln stellt jedoch nach allgemeiner Lebenserfahrung eine seltene Ausnahme dar. Daher muss, wer sich darauf beruft, einen detaillierten, in sich schlüssigen und glaubhaften Sachverhalt vortragen, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lässt und der damit auch zumindest teilweise der Nachprüfung zugänglich ist. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Derartige Behauptungen sind nur dann beachtlich, wenn überzeugend aufgezeigt werden kann, dass dem Auffinden von Betäubungsmitteln im Körper eines Fahrerlaubnisinhabers Kontakt mit Personen vorausgegangen ist, die zumindest möglicherweise einen Beweggrund hatten, dem Betroffenen ein drogenhaltiges Getränk bzw. Nahrungsmittel zugänglich zu machen; ferner, dass dieser selbst die Aufnahme des Betäubungsmittels und deren Wirkung tatsächlich nicht bemerkt hat. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Aberkennung des Rechts, von der ihm am 21. Dezember 2007 in Polen erteilten Fahrerlaubnis der Klasse B im Bundesgebiet Gebrauch zu machen.
Durch eine Mitteilung des Polizeipräsidiums Reutlingen erhielt die Antragsgegnerin Kenntnis davon, dass der Antragsteller am 23. Dezember 2020 als Kraftfahrzeugführer auffällig wurde. Nach dem Polizeibericht hatte der Werksschutz des Unternehmens Daimler in Esslingen gemeldet, dass der Antragsteller mit seinem Pkw an eine Zugangspforte gefahren und deutlicher Alkohol- oder Cannabisgeruch festgestellt worden sei. Ein freiwilliger Urinvortest habe positiv auf THC und Kokain reagiert. Im Rahmen der Blutentnahme habe der Antragsteller angegeben, am 21. Dezember 2020 Kokain und am 22. Dezember 2020 Marihuana konsumiert zu haben. In der am 23. Dezember 2020 entnommenen Blutprobe wurden nach der Befundmitteilung des Forensisch Toxikologischen Centrums München vom 12. Januar 2021 neben THC auch 84,5 ng/ml Benzoylecgonin festgestellt.
Mit Bescheid vom 15. April 2021 erkannte die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Fahrerlaubnis ab und forderte ihn unter Androhung unmittelbaren Zwangs auf, seinen Füh[…]