BGH – Az.: VI ZR 100/20 – Urteil vom 16.11.2021
Leitsatz:
Gelingt es dem Geschädigten entgegen der Einschätzung des von ihm beauftragten Sachverständigen zur Überzeugung des Tatrichters, die erforderliche Reparatur seines Fahrzeugs unter Berücksichtigung eines merkantilen Minderwerts innerhalb der 130%-Grenze fachgerecht und in einem Umfang durchzuführen, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat, und stellt der Geschädigte damit den Zustand seines Fahrzeugs wie vor dem Unfall wieder her, um es nach der Reparatur weiter zu nutzen, kann er Ersatz des entstandenen Reparaturaufwands verlangen.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. Dezember 2019 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 3. Februar 2015, bei dem sein Fahrzeug durch ein von der Beklagten gehaltenes Fahrzeug beschädigt wurde. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach steht zwischen den Parteien außer Streit. Der vom Kläger nach dem Unfall mit der Begutachtung des Kraftfahrzeugschadens beauftragte Sachverständige ermittelte voraussichtliche Reparaturkosten in Höhe von 7.148,84 € brutto, einen Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs von 4.500 € brutto und einen Restwert von 1.210 € brutto. Die Beklagte regulierte den Schaden auf der Grundlage des Wiederbeschaffungsaufwands. Sie brachte von dem vom Sachverständigen geschätzten Wiederbeschaffungswert einen mit Hilfe einer Restwert-Online-Börse ermittelten Wert in Höhe von 1.420 € in Abzug und zahlte an den Kläger 3.080 €. Der Kläger ließ sein Fahrzeug bei der Dienstleistungsgesellschaft A. zum Preis von 5.695,49 € brutto reparieren und nutzte es weiter.
Mit der Klage macht der Kläger die Differenz in Höhe von 2.615,49 € zwischen den angefallenen Reparaturkosten und der Zahlung der Beklagten geltend. Während des erstinstanzlichen Verfahrens – im September 2017 – hat der Kläger sein Fahrzeug veräußert. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger ein Anspruch auf Zah[…]