OLG Stuttgart – Az.: 1 Rb 24 Ss 95/21 – Beschluss vom 14.05.2021
Der 1. Senat für Bußgeldsachen hat nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und des Beschwerdeführers am 14. Mai 2021 gemäß § 79 Abs. 3 und 6 OWiG, § 349 Abs. 4, § 353 Abs. 2 StPO beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 5. Oktober 2020 mit den Feststellungen aufgehoben.
Der Betroffene wird freigesprochen.
Die Kosten des Verfahrens und die dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe:
Das Amtsgericht Stuttgart hat den Betroffenen am 5. Oktober 2020 wegen „eines Verstoßes gegen ein Aufenthaltsverbot, das zum Zeitpunkt 13. April 2020 wegen der Corona-Pandemie den Aufenthalt mit mehr als 2 Personen, die nicht dem eigenen Hausstand angehören, verbot“, zu einer Geldbuße von 200 € verurteilt. Die hiergegen beantragte Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat der Senat durch Beschluss vom 18. März 2021 zugelassen, um die gebotene Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG). Das auf die Sachbeschwerde gestützte Rechtsmittel hat umfassenden Erfolg.
Das Amtsgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
1. Der Betroffene hielt sich am 13. April 2020 gegen 17 Uhr am Max-Eyth-See in Stuttgart in einer „5-er Gruppe“ auf. Er war hierbei in Begleitung seiner Lebensgefährtin pp. sowie der pp. und deren Kind im Alter von vier Jahren. Die Gruppe ging „mehrere hundert Meter“ spazieren. Die Gruppenmitglieder hielten „dabei den Abstand von 1 Meter untereinander“ nicht ein. pp. ist die Mutter der pp.. Die fünf Personen gehörten drei verschiedenen Haushalten an.
2. Das Amtsgericht hat dem Betroffenen einen fahrlässigen Verstoß „gegen das In-fektionsschutzgesetz in Verbindung mit der Corona-Verordnung“ angelastet und eine Geldbuße von 200 € festgesetzt. Es hat die Verurteilung auf folgende — zum Tatzeitpunkt geltende und hier verfahrensentscheidende — Rechtsvorschriften gestützt: § 73 Abs. la Nr. 24, § 28 Abs. 1 IfSG (jeweils in der Fassung vom 27. März 2020), § 32 Satz 1 IfSG (in der Fassung vom 20. Juli 2000), § 9 Nr. 1, § 3 Abs. 1 CoronaVO Baden-Württemberg (jeweils in der Fassung vom 9. April 2020).
II.
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des Urteils und der ihm zugrundeliegenden Feststellungen (§ 79 Ab[…]