Oberlandesgericht Bremen – Az.: 1 SsBs 65/19, 1 Ss Bs 65/19 – Beschluss vom 22.04.2020
Das Urteil des Amtsgerichts Bremen vom 25.07.2019 wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Betroffenen auferlegt.
Gründe
I.
Das Ordnungsamt Bremen verhängte mit Bußgeldbescheid vom 17.12.2018 gegen den Betroffenen wegen Führens eines Kraftfahrzeugs unter Wirkung des berauschenden Mittels Cannabis eine Geldbuße von 500,- Euro und ein Fahrverbot von einem Monat. Auf seinen Einspruch hin beraumte das Amtsgericht Bremen Hauptverhandlung an für den 25.07.2019 um 10:00 Uhr. Am 25.07.2019 um 09:02 Uhr ging per Telefax beim Amtsgericht Bremen die Rücknahme des Einspruchs ein. Die Hauptverhandlung begann um 10:00 Uhr. Da weder der Betroffene noch sein Verteidiger erschienen und der zuständigen Abteilungsrichterin die Rücknahme des Einspruchs nicht zur Kenntnis gelangte, verwarf sie den Einspruch des Betroffenen mit Urteil vom 25.07.2019 nach § 74 Abs. 2 OWiG. Der Betroffene legte gegen das Urteil am 11.09.2019 „Rechtsmittel“, ein. Zur Begründung führte er aus, dem Erlass des Urteils habe ein Verfahrenshindernis entgegengestanden, nämlich die am 25.07.2019 um 09:02 Uhr per Telefax an das Amtsgericht Bremen übersandte Rücknahme des Einspruchs.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat am 06.11.2019 Stellung genommen und die Aufhebung des Urteils beantragt.
II.
Das „Rechtsmittel“ ist nach § 46 Abs. 1, § 300 StPO als Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Bremen vom 25.07.2019 auszulegen. Die Rechtsbeschwerde statthaft (§ 79 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 1 OWiG) und wurde frist- und formgerecht eingelegt (§§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 341 StPO).
Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die Rücknahme des Einspruchs ist bereits mit dem Eingang des Schriftsatzes bei Gericht wirksam geworden (vgl. OLG Koblenz NZV 1993, 282; BayObLG NZV 2002, 469; Göhler/Seitz/Bauer17 § 71 OWiG Rn. 9). Da dieser Zeitpunkt vor Beginn der Hauptverhandlung liegt und der Bußgeldbescheid des Ordnungsamts Bremen vom 17.12.2018 durch die Einspruchsrücknahme in Rechtskraft erwachsen ist, durfte der Einspruch nicht mehr durch Urteil verworfen werden (BayObLG a.a.O.). Die Rechtskraft des Bußgeldbescheids bildete ein Verfahrenshindernis, durch das sich das gerichtliche Verfahren von selbst erledigt hat (BayObLG a.a.O.). Eine per Telefax vor Beginn der mündlichen Verhandlung erklärte Einspruchsrücknahme ist wirksam und stellt auch dann ein Verfahrenshindernis dar, wenn der zuständige Richter hiervon nicht recht[…]