Fragerecht Ermittlungs- und Strafverfahren
ArbG Bonn – Az.: 5 Ca 83/20 – Urteil vom 20.05.2020
1. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien bestehende Ausbildungsvertrag durch die Anfechtungserklärung der Beklagten vom 20. November 2011 nicht aufgelöst oder nichtig geworden ist.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Der Wert des Streitgegenstands wird auf 3.123,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der am 00. April 1994 geborene Kläger befindet sich seit dem 1. August 2018 auf der Grundlage eine schriftlichen Ausbildungsvertrags vom 24. Mai 2018 in einem Berufsausbildungsverhältnis zur Fachkraft für Lagerlogistik bei der Beklagten. Er erzielte dabei zuletzt eine monatliche Ausbildungsvergütung iHv. etwa 1.041,00 Euro. Im Rahmen dieser Tätigkeit hat er Zugriff auf verschiedene hochwertige Vermögensgüter der Beklagten.
Im Rahmen des Einstellungsverfahrens hatte der Kläger am 24. Mai 2018 ein „Personalblatt“ ausgefüllt, auf das Bezug genommen wird, Bl. 17 – 18 GA. In diesem heißt es ua. „Gerichtliche Verurteilungen/ schwebende Verfahren:“. Als Antwortmöglichkeiten sind ankreuzbar „Nein“ und „Ja, Grund und Aktenzeichen des Verfahrens“ angegeben. Der Kläger kreuzte „Nein“ an.
Dem Kläger war zu diesem Zeitpunkt bekannt, dass gegen ihn ein Strafverfahren wegen Raubes anhängig war und dass die Hauptverhandlung eröffnet werden sollte. Am 4. Juli 2018 wurde der Kläger vom M. – Aktenzeichen 3. – zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Das Urteil erwuchs am 20. Februar 2019 in Rechtskraft. Mit Schreiben vom 23. Mai 2019 lud die Staatsanwaltschaft C. den Kläger zum Strafantritt binnen eines Monats.
Im Juli 2019 trat der Kläger an seinen direkten Vorgesetzten heran und teilte diesem mit, dass er demnächst seine Haftstrafe antreten müsse und er eine von der Beklagten unterzeichnete Erklärung benötige, dass er seine Ausbildung während seines Freigangs fortführen könne.
Mit Schreiben vom 26. September 2019 kündigte die Beklagte das Ausbildungsverhältnis der Parteien fristlos. Am 6. November 2019 stellte der vom Kläger angerufene Schlichtungsausschuss der Industrie- und Handelskammer C. fest, dass die Kündigung der Beklagten vom 26. September 2019 rechtsunwirksam ist. Eine Anfechtung dieses Spruchs erfolgte nicht.
Im Rahmen eines Telefonats in der 46. Kalenderwoche 2019 teilte der Kläger der Beklagten mit, er sei nicht wegen eines Vermögensdelikts verurteilt worden. Unter dem 20. November 2019 schrieb die Beklagte dem Kläger, sie fechte den A[…]