LG Berlin – Az.: 63 S 216/19 – Urteil vom 11.06.2020
In dem Rechtsstreit hat das Landgericht Berlin – Zivilkammer 63 – in aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.05.2020 für Recht erkannt:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Wedding vom 03.05.2019-11 C 82/18 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht einen Räumungsanspruch des Klägers verneint.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Herausgabe des Grundstücks aus §§ 985 BGB oder 546 BGB zu.
Dem Beklagten steht ein Recht zum Besitz mangels wirksamer Kündigung des Pachtverhältnisses durch den Kläger zu.
Die streitgegenständliche Kündigung des Klägers hat den Pachtvertrag nicht beendet. Diesem stand kein berechtigtes Interesse i.S.d. § 573 BGB an der Vertragsbeendigung zu.
Eines solchen hätte es aber bedurft.
Die Parteien haben bei Vertragsschluss die Anwendbarkeit der Vorschriften – zumindest im Hinblick auf die Kündigungsmöglichkeit – über Wohnraummietverhältnisse zumindest konkludent vereinbart.
Ein Vertrag, durch den sich jemand verpflichtet, den Gebrauch einer Sache gegen Entrichtung eines Entgelts zu gewähren, kann sich rechtlich als Mietvertrag im Sinne des § 535 BGB darstellen. Dies gilt auch dann, wenn das vereinbarte Entgelt sehr niedrig ist, denn die Miete braucht dem Mietwert der Sache nicht zu entsprechen; vielmehr stellt auch ein weit unter der Marktmiete liegendes Entgelt für den Gebrauch einer Sache eine Miete dar. Bei einer (nahezu) unentgeltlichen Überlassung von Wohnraum zu Wohnzwecken kann die Differenzierung, ob die Parteien einen Mietvertrag (§ 535 BGB), einen Leihvertrag (§ 598 BGB) oder ein schuldrechtliches Nutzungsverhältnis sui generis (§ 241 BGB) abschließen oder nur ein bloßes Gefälligkeitsgeschäft vornehmen wollten, im Einzelfall schwierig sein. Zur Abgrenzung der verschiedenen rechtlichen Möglichkeiten ist nach Anlass und Zweck der Gebrauchsüberlassung und gegebenenfalls sonstigen erkennbar zutage getretenen Interessen der Parteien zu unterscheiden. Dabei kann auch das nachträgliche Verhalten der Vertragsparteien zu berücksichtigen sein. Dieses kann zwar den ob[…]