Rechtsanwalt kann mit Fristverlängerung rechnen
BGH – Az.: XII ZB 324/20 – Beschluss vom 02.12.2020
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Dezember 2020 beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 4. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Brandenburg vom 22. Juni 2020 aufgehoben.
Der Antragstellerin wird gegen die Versäumung der Frist zur Begründung ihrer Beschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Die Sache wird zur weiteren Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Wert: 5.000 EUR
Gründe:
I.
Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner im Stufenverfahren auf Trennungsunterhalt in Anspruch. Das Familiengericht hat den Antrag in der Auskunftsstufe mit einem der Antragstellerin am 27. Januar 2020 zugestellten Teilbeschluss abgewiesen. Hiergegen hat die Antragstellerin rechtzeitig Beschwerde eingelegt. Nachdem eine Beschwerdebegründung nicht innerhalb der bis zum 27. März 2020 laufenden Begründungsfrist beim Oberlandesgericht eingegangen war, hat dieses durch eine der Antragstellerin am 6. April 2020 zugegangene richterliche Verfügung auf die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist hingewiesen. Am 4. Mai 2020 hat die Antragstellerin die Beschwerde begründet und wegen der Versäumung der Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Hierzu hat sie vorgetragen und durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht, am 18. März 2020 einen an das Oberlandesgericht adressierten Antrag auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist um einen Monat zur Post gegeben zu haben.
Das Oberlandesgericht hat die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt und die Beschwerde der Antragstellerin verworfen. Hiergegen wendet sich diese mit der Rechtsbeschwerde.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO sowie § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Das Oberlandesgericht hat durch seine Entscheidung das Verfahrensgrundrecht der Antragstellerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt, welches es[…]