Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 8 Sa 670/19 – Urteil vom 18.06.2020
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 22.10.2019 – 4 Ca 1976/19 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung.
Der am 1964 geborene Kläger ist mit einem Grad der Behinderung von 60 schwerbehindert. Er ist bei der beklagten Stadt seit dem 03.08.1990 als technischer Angestellter beschäftigt. Der Kläger ist aufgrund tarifvertraglicher Regelungen wegen seiner langen Betriebszugehörigkeit ordentlich unkündbar.
Am 28.07.2016 kam es zu einer tätlichen Auseinandersetzung im Betrieb der Beklagten, bei welcher der Kläger einem Arbeitskollegen einen Faustschlag ins Gesicht versetzte. Wegen dieses Verhaltens wurde der Kläger von der Beklagten mit Schreiben vom 02.08.2016 abgemahnt.
Am 27.05.2019 kam es zu einem weiteren Vorfall bei der Beklagten. Der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt arbeitsunfähig erkrankt war (Diagnose des Hausarztes: „Burnout“), wurde von seiner Ehefrau in den Eigenbetrieb Technische Dienste der Beklagten gefahren, um dort eine aktuelle Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einzureichen. Die Beklagte wirft dem Kläger vor, sodann aggressiv geworden zu sein und zwei Arbeitskolleginnen schwer beleidigt zu haben. Der Kläger behauptet aufgrund von übermäßigem Drogenkonsum an den Vorfall keine Erinnerung zu haben.
Die Beklagte lud den Kläger zu einem Anhörungsgespräch über diesen Vorfall zum 03.06.2019 ein. Der Kläger meldete sich nicht. Am 03.06.2019 wurde er – auf Anordnung des Amtsgerichts Düren – in die L eingeliefert, nachdem es zu einem Vorfall in seiner Wohnung gekommen war und seine Ehefrau die Polizei verständigt hatte. Bei diesem Vorfall stand der Kläger nach eigenen Angaben unter Drogeneinfluss. Am 24.06.2019 wurde der Kläger – gegen ärztlichen Rat – in die weitere hausärztliche Behandlung entlassen. In dem Entlassbrief der Klinik wird zur Diagnose u.a. ausgeführt:
„Psychotische Störung durch multiplen Substanzgebrauch, Nichtintravenöser Konsum (Meth-) Amphetamin-haltiger Stoffe, Abhängigkeit von Cannabis“.
Mit Schreiben vom 06.06.2019 beantragte die Beklagte beim zuständigen Integrationsamt die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers.
Mit Schreiben vom 12.06.2019 zeigte der Prozessbevollmächtigte des Klägers der Beklagten dessen Interessenvertretung an. In dem Schreiben heißt es auszugsweise:[…]