Thüringer Landesarbeitsgericht – Az.: 3 Sa 331/10 – Urteil vom 20.10.2011
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gera vom 02.06.2010 – 7 Ca 1531/09 – abgeändert:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 04.09.2009 zum 04.09.2009, sondern erst durch ordentliche Kündigung zum 28.02.2010 beendet wurde. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Parteien haben die Kosten des Rechtsstreits je zu ½ zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Klägers wegen des Vorwurfs, Betriebsmittel gestohlen zu haben.
Der Kläger ist am 0.0.1968 geboren, verheiratet und zwei Kindern unterhaltsverpflichtet. Er ist bei der Beklagten, die ca. 200 Arbeitnehmer beschäftigt, seit dem 02.09.1996 als Polsterer mit einem Gehalt von 1.650,00 Euro angestellt. Nachdem der Kläger am Produktionsstandort H. als Polsterer eingesetzt war, stretcht er seit Oktober 2008 am Standort W. Matratzen ein, palettiert sie und bringt sie zum Versand. In W. liegen die Arbeitsbereiche der Versand- und der Retourenabteilung teilweise baulich abgegrenzt in einer Halle. Der Standort W. verfügt über einen Betriebsleiter, den Zeugen Herrn O., und zuletzt noch vier bis fünf Mitarbeitern, die sich dort weitgehend unbeobachtet bewegen können.
Die Beklagte verkauft ihre Ware meist im Versandhandel. Ware wird häufig zur Ansicht bestellt und zurückgesandt. In der Retourenabteilung in W. wird diese Ware mit dem Ziel einer möglichst optimalen Materialausnutzung darauf überprüft, ob sie nach einer Aufarbeitung als Ganzes in den Verkauf bzw. nach einer Demontage in Teilen als Rohstoff in die Produktion zurückgeführt werden kann. Hierzu werden den Retouren zunächst die separat beiliegenden Verpackungseinheiten mit Bausatzteilen, etwa Holzfüße, entnommen, Komplettmöbelstücke auseinandergebaut und deren Teile je nach ihrer Weiterverwendbarkeit in Gitterboxen, Containern oder auf Paletten in der Retourenabteilung sortiert und später an den Produktionsstandort H. geschickt (Bl. 61-63 d.A.). Sind Holzteile wegen starker Schäden nicht mehr für die Produktion tauglich, werden auch sie zunächst in der Retourenabteilung gesammelt. Für Plastik- und Papierabfälle stehen im Außenbereich Container bereit. Es gibt einen Sperrmüllcontainer, in den jedenfalls bei Überkapazitäten auch Komplettmöbel aus jedenfalls b[…]