LAG Berlin-Brandenburg – Az.: 7 TaBV 468/12 – Beschluss vom 14.08.2012
I. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 12. Januar 2012 – 23 BV 15345/11 – abgeändert und die Anträge des Betriebsrats zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
1. Die Beteiligten streiten über einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats wegen Verletzung von Mitbestimmungsrechten im Zusammenhang mit einer arbeitgeberseitigen Anweisung zur Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit.
Die Beteiligte zu 2., im Folgenden Arbeitgeberin, ist ein aus der ehemaligen Bundesanstalt für F. hervorgegangenes privates Flugsicherungsunternehmen mit bundesweit knapp 6.000 Beschäftigten. Der Beteiligte zu 1. ist der für den Betrieb in Berlin zuständige Betriebsrat (im Folgenden Betriebsrat).
Der für die Arbeitgeberin geltende Manteltarifvertrag sieht unter § 16 hinsichtlich der Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen folgendes vor:
(2) Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind verpflichtet, der DFS die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, so haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauf folgenden Werktag vorzulegen.
(3) Die DFS kann im begründeten Einzelfall eine ärztliche Bescheinigung ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit nach Rücksprache mit dem Betriebsrat verlangen.
Im Vorfeld eines anstehenden Arbeitskampfes im Sommer 2011 ordnete die Arbeitgeberin an, dass alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Niederlassung Berlin bis zum Ende des Arbeitskampfes am ersten Krankheitstag eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen hätten. Den Betriebsrat beteiligte sie an dieser Maßnahme nicht.
Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Beschluss vom 12. Januar 2012 dem daraufhin vom Betriebsrat bei Gericht gestellten Unterlassungsantrag stattgegeben und der Arbeitgeberin untersagt, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der DFS Niederlassung Berlin ohne die Zustimmung des Betriebsrats oder ohne die vorherige Entscheidung einer Einigungsstelle die Anweisung zu geben, ab dem ersten Tag einer Arbeitsunfähigkeit ein ärztliches Attest vorzulegen und für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,00 Euro angedroht. Zur Begründung hat es im Wesentlichen unter Wiederho[…]