BVerfG – Az.: 1 BvR 828/20 – Einstweilige Anordnung vom 15.04.2020
1. Dem Beschwerdeführer wird für das Verfahren über die einstweilige Anordnung Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt D… aus S… beigeordnet.
2. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Beschwerdeführers gegen die Verfügung der Stadt Gießen vom 8. April 2020 – 32 21 00/Ha/Dr – wird wiederhergestellt, soweit danach die von dem Beschwerdeführer unter dem 4. April 2020 für den 16. und 17. April 2020 angemeldeten Versammlungen verboten sind.
3. Die Stadt Gießen erhält Gelegenheit, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Kammer nach pflichtgemäßem Ermessen erneut darüber zu entscheiden, ob die Durchführung der vorgenannten Versammlungen gemäß § 15 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes von bestimmten Auflagen abhängig gemacht oder verboten wird.
4. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundenen Verfassungsbeschwerde gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Gießen und des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen ein Versammlungsverbot.
Der Beschwerdeführer meldete mit Schreiben vom 4. April 2020 bei der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens mehrere Versammlungen unter dem Motto „Gesundheit stärken statt Grundrechte schwächen – Schutz vor Viren, nicht vor Menschen“ an. Als vorgesehene Versammlungstermine wurden der 14., 15., 16. und 17. April 2020, jeweils von 14 bis 18 Uhr, genannt. Er gab eine ungefähre erwartete Teilnehmerzahl von 30 Personen an. Geplant waren jeweils eine ca. zweistündige Auftaktkundgebung in Gießen am Berliner Platz sowie ein anschließender Aufzug durch mehrere Straßen mit drei jeweils 15-minütigen stationären Zwischenkundgebungen. Zugleich informierte der Beschwerdeführer die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens über beabsichtigte „Infektionsschutzmaßnahmen auf Grund der CoViD19-Pandemie (‚