AG Bünde, Az.: 1 Ds 545/15, 1 Ds 602 Js 1309/14 – 545/15, Beschluss vom 01.02.2016
Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird aus tatsächlichen Gründen abgelehnt.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten.
Gründe
I.
In der Anklageschrift vom 20.10.2015 wird dem Angeschuldigten vorgeworfen, am 24.02.2014 mit einem fahrerlaubnispflichtigen PKW ohne die erforderliche Fahrerlaubnis gefahren zu sein (Vergehen des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG).
II.
Die Eröffnung des Hauptverfahrens ist aus tatsächlichen Gründen abzulehnen, da der Angeklagte zur angeklagten Tatzeit im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis war.
1.) EU-Fahrerlaubnis:
Symbolfoto: Von Photographee.eu /Shutterstock.comIn der Strafakte befindet sich eine Bescheinigung des Stadtpräsidenten von Stettin (Szczecin) vom 05.03.2014. Darin wird dem Angeschuldigten bescheinigt, dass ihm am 17.11.2008 der Führerschein der Klasse B erteilt worden ist. Nach der Einlassung des Angeschuldigten verlor er diesen Führerschein. Diese Einlassung ist glaubhaft. Denn sie deckt sich mit der in der Akte befindlichen weiteren Mitteilung der Stadt Stettin. Mit Schreiben des Bürgermeisters der Stadt Stettin (Szczecin) vom 16.01.2015 wird darüber informiert, dass am 16.04.2014 dem Angeschuldigten ein „Duplikat des Führerscheins der Klasse B“, aufgrund angezeigten Verlustes ausgestellt wurde. Die in der Akte befindliche Kopie dieses Führerscheins weist das Ausstellungsdatum „16.04.2014“ aus. Der Rückseite ist zu entnehmen, dass die Fahrerlaubnis der Klasse B am 17.11.2008 erteilt wurde.
Diese EU-Fahrerlaubnis stellt grundsätzlich eine „erforderliche Fahrerlaubnis“ i.S.v. § 21 StVG dar, auch wenn diese unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis erlangt wurde.
Denn nach europäischem Recht (vgl. Art. 1 II Richtlinie 91/439 bzw. Art. 2 I Richtlinie 2006/126) ist grundsätzlich die gegenseitige Anerkennung der von Mitgliedsstaaten ausgestellten Führerscheine ohne jede Formalität gegeben; insbesondere ist es allein Aufgabe des Ausstellermitgliedstaates und nicht des Mitgliedstaates zu prüfen, ob das Wohnsitzerfordernis erfüllt […]