BAG, Az.: 2 AZR 577/78, Urteil vom 22.05.1980
Tatbestand
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Der im Jahre 1950 geborene Kläger war seit dem 25. August 1976 bei der Beklagten als Dreher gegen einen Monatslohn von durchschnittlich 2.100,– DM brutto beschäftigt. Er fuhr mit seinem Pkw zur Arbeit. Die Entfernung zwischen seinem Wohnort Duisburg und dem im Ballungszentrum von Düsseldorf liegenden Betrieb der Beklagten beträgt 45 Kilometer.
Der Kläger hatte bis 12. September 1977 27 Arbeitstage Urlaub und fehlte an insgesamt 37 Arbeitstagen wegen Krankheit. Hinzu kamen noch fünf weitere Tage entschuldigten und ein oder zwei Tage unentschuldigten Fernbleibens. An mindestens 28 Tagen erschien er verspätet zur Arbeit.
Der Kläger stempelte ferner wiederholt seine Stechkarte, bevor er die Arbeitskleidung angezogen hatte. In einzelnen Fällen fuhr er mit seinem Pkw vor dem Betrieb der Beklagten vor, bediente die Zeitkontrolleinrichtung und stellte anschließend seinen Wagen ab.
Nachdem die Beklagte durch Aushang am Schwarzen Brett und eine mündliche Erklärung vor der Belegschaft auf die Unzulässigkeit dieses Gebrauchs der Stempeluhr hingewiesen hatte, stempelte der Kläger noch einmal, bevor er zur Arbeitsaufnahme tatsächlich bereit war. Aus diesem Grunde wurde ihm eine Viertelstunde in Abzug gebracht. Danach erschien er an sechs weiteren Tagen, zuletzt am 10. August 1977 verspätet zur Arbeit. Vom 11. bis 19. August 1977 war er arbeitsunfähig krank. Anschließend befand er sich bis Ende des Monats im Urlaub. Mit Schreiben vom 29. August 1977 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 12. September 1977. Während der Kündigungsfrist war der Kläger wiederum krank.
Der Kläger hält die Kündigung für sozial ungerechtfertigt und erstrebt die Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis hierdurch nicht aufgelöst worden sei.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, das Stempeln der Stechkarte sei erst zulässig, wenn der Arbeitnehmer in der Lage sei, seine Arbeit sofort aufzunehmen. Das vorzeitige Stempeln stelle geradezu einen Betrug dar, der sie sogar zur außerordentlichen Kündigung berechtigt hätte. Von diesem Fehlverhalten des Klägers habe ihr allein kündigungsberechtigter[…]