Mithaftung bei Verkehrsunfall eines vorfahrtsberechtigten Verkehrsteilnehmers bei erheblicher Geschwindigkeitsüberschreitung
Oft herrscht die Annahme, dass immer derjenige, der die Vorfahrt achten musste und mit einem vorfahrtsberechtigten Fahrzeug zusammenstößt, an dem Unfall die alleinige Schuld trägt. Das ist jedoch keineswegs immer der Fall, wie verschiedene Urteile von Gerichten in Deutschland zeigen.
Hälftige Haftungsteilung möglich
Verkehrsunfall mit Folgen. Mitschuld trotz Vorfahrt?
Ein typisches Beispiel für eine hälftige Haftungsteilung ist das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Naumburg (1 U 113/13). Es lastete dem Vorfahrtsberechtigten ein Mitverschulden an dem Unfall an, weil dieser mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit unterwegs war. Im konkreten Fall ging es um einen Pkw, der auf einer sehr schmalen Straße entlang landwirtschaftlich genutzter Grundstücke mit einer Geschwindigkeit von 110 km/h unterwegs war. Ein Traktor, der aufgrund des dortigen Busch- und Baumbestands nicht in die Vorfahrtstraße einsehen konnte, bog in Schrittgeschwindigkeit auf diese ein. Der Pkw-Fahrer versuchte nach kurzem Bremsen nach links auszuweichen, überschlug sich jedoch mehrfach und erlitt dabei schwere Verletzungen. Das OLG lastete ihm, obwohl er auf der Vorfahrtstraße unterwegs war, ein Mitverschulden wegen der erhöhten Geschwindigkeit an. Deshalb sei eine Haftungsverteilung von jeweils 50 Prozent für den Pkw- und den Traktorfahrer gerechtfertigt, so das Gericht.
Prozentuale Aufteilung der Haftung je nach Verschulden des Unfalls
Manchmal wird die Haftung je nach Unfallgeschehen auch in unterschiedlich große Anteile aufgeteilt. In einem aktuellen Urteil schrieb beispielsweise das Oberlandesgericht (OLG) Hamm, beiden am Unfall beteiligten Fahrzeugen einen unterschiedlich großen Haftungsanteil zu. In diesem Fall ging die Haftungsverteilung mit 70 Prozent ebenfalls zulasten des vorfahrtberechtigten Verkehrsteilnehmers (9 U 43/15).