Steht einem Arzt auch nach dem Tod seines Patienten noch ein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht zu? Anhand welcher Kriterien ist das Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechtes zu bestimmen?
Gilt die ärztliche Schweigepflicht in jedem Fall über den Tod des Patienten hinaus? Lesen Sie zu diesen Fragen den anliegenden Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz im Volltext.
Oberlandesgericht Koblenz, Az: 12 W 538/15, Beschluss vom 23.10.2015
Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten wird das Zwischenurteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 23.06.2015 abgeändert.
Die Zeugnisverweigerung des Zeugen …[A] wird für unrechtmäßig erklärt.
Der Zeuge …[A] trägt die Kosten des Zwischenstreits.
Der Beschwerdewert wird auf 9.522 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat Erfolg.
Dem Zeugen …[A] steht ein Recht zur Verweigerung der Aussage nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO nicht zu.
Der Arzt hat zu Lebzeiten seiner Patienten seine ärztliche Schweigepflicht zu beachten. Das bedeutet, dass er in einem Zivilprozess unter Berufung auf seine Schweigepflicht betreffend die Pflegebedürftigkeit seiner Patienten das Zeugnis verweigern darf, so lange die Patienten ihn nicht von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbinden. Die ärztliche Schweigepflicht reicht über den Tod der Patienten hinaus. Nach dem Tod der Patienten ist zu prüfen, ob sie zu Lebzeiten geäußert haben, dass der Arzt nach ihrem Tod schweigen soll bzw. dass er Angaben machen darf. Gibt es eine solche Äußerung nicht, ist der mutmaßliche Wille der Verstorbenen zu erforschen, also zu prüfen, ob sie die Offenlegung mutmaßlich gebilligt oder missbilligt hätten (vgl. zu allem BGH NJW 1984, 2893).
Im vorliegenden Fall bestehen keine Anhaltspunkte für eine Äußerung der …[B] zu L[…]