Urteil des Bundesgerichtshofes zur Einstandspflicht einer Versicherung bei Spätschaden aus einem in Fehlstellung verheilten Oberschenkelbruch, welchen sich der Betroffene bei einem Verkehrsunfall mit seinem Fahrrad in den 1960er Jahren zugezogen hatte. Ist die Forderung gemäß § 197 BGB (dreißigjährige Verjährungsfrist) verjährt? Unter welchen Voraussetzungen beginnt diese Verjährungsfrist zu laufen?
Bundesgerichtshof
Az: VI ZR 4/72
Urteil vom 30.01.1973
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. November 1971 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Revision fallen der Klägerin zur Last.
Tatbestand
Der Beklagte befuhr am 23. Juni 1961 mit seinem Pkw in B-S unter Einhaltung einer Geschwindigkeit von 35-40 km/ st die ansteigende B Straße. An einer Kreuzung erfaßte er mit der rechten vorderen Wagenseite den (für ihn) von rechts in schneller Fahrt mit dem Fahrrad einbiegenden, damals 11-jährigen Helmut P. Er hatte ihn erst kurz vor dem Zusammenstoß gesehen, weil der Junge in der Seitenstraße auf der linken Fahrbahnhälfte hinter einer 1.80 m hohen Hecke fuhr.
Bei dem Unfall erlitt Helmut P einen Bruch des linken Unterarms, des linken Oberschenkels und des linken Schienbeinkopfes und tiefe Weichteilverletzungen am linken Schienbeinkopf, eine stumpfe Bauchprellung und eine Gehirnerschütterung. Die ärztliche Behandlung war Anfang 1962 abgeschlossen. Die AOK Waiblingen, der damalige Sozialversicherungsträger des Verletzten, rechnete im April 1962 mit dem Haftpflichtversicherer des Beklagten über die bis dahin entstandenen Behandlungskosten ab, wobei sie sich ein Mitverschulden des Geschädigten von 1/3 anrechnen ließ. Im Laufe der Verhandlungen teilte die AOK Waiblingen dem Haftpflichtversicherer des Beklagten mit Schreiben vom 10. April 1962 u.a. folgendes mit:
„Sollten evtl. Spätfolgen eintreten, behalten wir uns ausdrücklich die Wiederanmeldung eines Ersatzanspruchs vor.“
Der Haftpflichtversicherer des Beklagten überwies der AOK Waiblingen am 26. April 1962 — ohne auf diesen Vorbehalt einzugehen — den von die[…]