Zusammenfassung: Ein Autofahrer überfährt an eine Fußgängerampel und kollidiert mit einem anderen Fahrzeug. Der Führer des anderen Fahrzeuges war auf die vorfahrtsberechtigte Straße aufgefahren, weil er darauf vertraut hatte, dass das entgegenkommende Fahrzeug an der Fußgängerampel vorschriftsgemäß anhält. Wie verteilt sich in der konkreten Situation die Haftung zwischen den am Unfall Beteiligten?
Bundesgerichtshof
Az: VI ZR 230/80
Urteil vom 02.03.1982
Tenor
Die Anschlußrevision der Beklagten gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 9. Juli 1980 wird zurückgewiesen.
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das vorbezeichnete Urteil und das Urteil des Landgerichts Kiel vom 23. November 1979 im Kostenpunkt und soweit zum Nachteil der Klägerin erkannt ist, aufgehoben bzw. abgeändert.
Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin 3.164,64 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19. Juni 1979 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen den Beklagten zur Last.
Tatbestand
Am 2. März 1979 ereignete sich in M. innerhalb der geschlossenen Ortschaft ein Verkehrsunfall, an dem der Pkw der Klägerin, den deren Sohn R. fuhr, und der Pkw des Erstbeklagten, der bei der Zweitbeklagten haftpflichtversichert ist, beteiligt waren. R. wollte von der vorfahrtberechtigten B an der Kreuzung „A S“ „St W“ nach links abbiegen. Der Erstbeklagte kam ihm im Gegenverkehr entgegen. In einer Entfernung von 14,80 m hinter der Einmündung „A S“ (aus der Fahrtrichtung des R. gesehen) befindet sich auf der B eine Fußgänger- Bedarfsampel. An dieser standen sich jeweils am Fahrbahnrand die Zeugen W. und Sch. gegenüber, um die Fahrbahn zu überqueren. Sch. hatte die Ampel betätigt. Ein vor dem Pkw der Klägerin geradeaus weiterfahrender Kraftfahrer hielt vor dieser Ampel an, als sie für ihn „rotes“ Licht zeigte. Der ihm nachfolgende R., der sich zur Fahrbahnmitte hin eingeordnet und das linke Blinklicht am Fahrzeug betätigt hatte, nahm an, daß der Erstbeklagte auch an der Fußgängerampel anhalten werde und bog darum nach links ein. Der Erstbeklag[…]