Bundesgerichtshof
Az: 2 StR 656/13
Beschluss vom 04.06.2014
Anmerkung des Bearbeiters
Nach bisheriger Rechtsprechung konnte eine frühere Aussage eines Zeugen vor einem Ermittlungsrichter, wenn sich der Zeuge in der Hauptverhandlung auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berief, auf Umwegen in den Prozess eingebracht werden. Eine Verlesung des Vernehmungsprotokolls der Vernehmung vor dem Ermittlungsrichter war und ist nicht möglich. Der Ermittlungsrichter konnte jedoch als Zeuge in der Hauptverhandlung vernommen werden und über die Aussage des Zeugen mündlich berichten. Dabei durften dem Ermittlungsrichter einzelne Passagen des Vernehmungsprotokolls mitgeteilt werden, um ihm zur Erinnerung zu verhelfen.
Die Rechtsprechung hinsichtlich der Vernehmung eines Ermittlungsrichters in der Hauptverhandlung könnte sich nun ändern, wie der vorliegende Beschluss des BGH zeigt. Der 2. Senat verschärft die Anforderungen an die Vernehmung des Ermittlungsrichters in der Hauptverhandlung.
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt zu entscheiden:
Die Verwertung einer früheren richterlichen Vernehmung eines Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht, durch Vernehmung der richterlichen Vernehmungsperson ist nur dann zulässig, wenn dieser Richter den Zeugen nicht nur über sein Zeugnisverweigerungsrecht, sondern auch qualifiziert über die Möglichkeit der Einführung und Verwertung seiner Aussage im weiteren Verfahren belehrt hat.
2. Der Senat beabsichtigt, entgegenstehende eigene Rechtsprechung aufzugeben, und fragt bei den übrigen Strafsenaten an, ob diese an entgegenstehender Rechtsprechung festhalten.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Nach den Feststellungen des Landgerichts tötete er seine Ehefrau am 22. September 2012 durch insgesamt 60 Stiche und Schnitte mit einem Messer. Hintergrund der Tat war die Eifersucht des Angeklagten auf einen Nebenbuhler, mit dem seine Ehefrau seit längerer Zeit eine auch intime Beziehung unterhielt, und seine mangelnde Bereitschaft, eine von dem Tatopfer angekündigte Trennung hinzunehmen. Das Schwurgericht hat insoweit angenommen, der Angeklagte habe aus niedrigen Beweggründen gehandelt.
Die Revisi[…]