Hess. VGH
Az.: 12 UE 1473/02
Urteil vom 19.08.2002
Vorinstanz: VG Darmstadt – Az.: 5 E 1183/98(3)
Leitsätze:
1. Bei der Prüfung ausreichender Deutschkenntnisse im Einbürgerungsverfahren kann grundsätzlich auf die Fähigkeit, eigene oder fremde Gedanken schriftlich in deutscher Sprache wiederzugeben, nicht verzichtet werden.
2. Verwaltungsvorschriften eines Landes, die eine schriftliche Sprachprüfung bei Einbürgerungsbewerbern nach § 85 AusIG oder § 8 StAG nicht vorsehen, sind mit Bundesrecht nicht vereinbar.
3. Es besteht keine rechtliche Verpflichtung, bei der Einbürgerung von anerkannten Asyl berechtigten oder Konventionsflüchtlingen geringere Sprachkenntnisse genügen zu lassen als allgemein bei Anspruchs- und Ermessenseinbürgerungen üblich; das besondere Schicksal anerkannter politisch Verfolgter kann aber im Einzelfall auch bei der Deutschprüfung berücksichtigt werden.
In dem Verwaltungsstreitverfahren wegen Staatsangehörigkeitsrechts hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof -12. Senat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. August 2002 für Recht erkannt:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 6. März 2002 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, falls nicht der Kostengläubiger seinerseits Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1965 in der Türkei geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und lebt seit 1988 im Bundesgebiet. Er ist als Asylberechtigter anerkannt und besitzt eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. In der Türkei hat er fünf Jahre die Schule besucht und den Beruf eines Frisörs erlernt. In Deutschland ist er als Maler tätig.
Zu dem Einbürgerungsantrag des Klägers vom 24. März 1997 teilte die Gemeinde W. im Juli 1997 mit, es bestünden Bedenken bezüglich der schriftlichen Sprachkenntnisse, und fügte einen Text bei, den der Kläger nach Diktat geschr[…]