Bundesgerichtshof
Az: 3 StR 433/07
Urteil vom 12.03.2008
Leitsätze:
1. Wird bei einer verfahrensbeendenden Absprache unter Beteiligung des Gerichts rechtswidrig ein Rechtsmittelverzicht vereinbart, so hat dies nicht die Unwirksamkeit der Absprache im Übrigen zur Folge.
2. Die Ankündigung des Angeklagten, gegen das aufgrund einer Verfahrensabsprache ergehende Urteil Rechtsmittel einzulegen, ist für sich genommen kein Umstand, der die Bindung des Gerichts an eine zulässige Verständigung beseitigt. Sie rechtfertigt es auch nicht, dass sich die Staatsanwaltschaft von ihrer in die Absprache einbezogenen Zusage löst, zu einer anderen Tat des Angeklagten einen Antrag nach § 154 Abs. 2 StPO zu stellen.
3. Bindet das Gericht die Staatsanwaltschaft durch deren Zusage einer Antragstellung nach § 154 Abs. 2 StPO in eine Verfahrensabsprache ein, so hat es für den Fall, dass diese ihr Versprechen sodann unter Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens nicht einhält, die Verpflichtung, den Angeklagten, der im Vertrauen auf die Zusage die ihm vorgeworfenen anderen Taten eingeräumt hat, im Rahmen der rechtlichen Gestaltungsspielräume von den sich hieraus ergebenden Folgen so weit freizustellen, dass die getroffenen Absprachen weitestmöglich eingehalten werden. Nur wenn sich auf diese Weise kein Ergebnis erzielen lässt, das noch mit dem Gebot fairer Verfahrensführung vereinbar wäre, kommt ein Verfahrenshindernis für die Verfolgung der Tat in Betracht, zu der der Antrag nach § 154 Abs. 2 StPO angekündigt worden ist.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 21. Februar 2008 in der Sitzung am 12. März 2008 für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 21. Mai 2007 im Strafausspruch dahin geändert, dass der Angeklagte zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt wird.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung über die Aussetzung der Strafvollstreckung zur Bewährung und über die Kosten des Rechtsmittels an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung, wegen schweren Raubes und wegen Raubes zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurt[…]