BFH
Az.: VII R 45/03
Urteil vom 04.05.2004
Leitsatz:
Das FA kann im Insolvenzverfahren mit Forderungen aufrechnen, die vor Verfahrenseröffnung entstanden sind, ohne dass es deren vorheriger Festsetzung, Feststellung oder Anmeldung zur Insolvenztabelle bedarf.
Gründe:
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Verwalter in dem im September 2001 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der X GmbH (Gemeinschuldnerin). Er hat im Oktober 2001 bei dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt –FA–) eine berichtigte Lohnsteueranmeldung für April 2001 eingereicht, aus der sich ein Guthaben ergibt. Das FA hat dieser Anmeldung im Oktober 2001 zugestimmt.
Das FA seinerseits hat im November 2001 seine Forderungen gegen die Gemeinschuldnerin bei dem Kläger gemäß § 174 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) angemeldet, u.a. eine Umsatzsteuervorauszahlung Mai 2001. Der Kläger hat den Anmeldungen vorsorglich „bis zur weiteren Klärung“ widersprochen. Im Dezember 2001 hat das FA diese Umsatzsteuerverbindlichkeit gegen das Lohnsteuerguthaben der Gemeinschuldnerin aufgerechnet. Dem entgegnete der Kläger damit, dass er im Januar 2002 seinerseits mit dem Lohnsteuerguthaben gegen eine Umsatzsteuerverbindlichkeit November 2001 aufrechnete.
Im Februar 2002 hat das FA dem Kläger einen Abrechnungsbescheid erteilt, in dem es das Erlöschen des Lohnsteuererstattungsanspruches April 2001 feststellte. Hiergegen richtet sich die Klage, die vor dem Finanzgericht (FG) Erfolg hatte. Dieses urteilte in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1454 veröffentlichten Urteil, im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung habe das FA keine fällige Forderung auf Umsatzsteuervorauszahlungen Mai 2001 gehabt. Denn weder der Ablauf der Voranmeldungsfrist (§ 18 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes –UStG–) noch die Anmeldung der Umsatzsteuervorauszahlungen zur Tabelle habe die Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlung herbeigeführt. Dies hätte nur ein Feststellungsbescheid gemäß § 251 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) vermocht, den das FA jedoch nicht erlassen habe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des FA, die im Wesentlichen folgendermaßen begründet wird:
Die ungeprüfte Anmeldung einer Steuerforderung zur Tabelle stehe einer nicht bestandskräftigen Steuerfestsetzung gleich. Die Fälligkeit der betreffenden Forderung […]