BUNDESFINANZHOF
Az.: IX R 40/00
Urteil vom 16.04.2002
Vorinstanz: FG Köln
Leitsatz:
Mittäter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung ist nicht, wer sich als Ehegatte darauf beschränkt, die gemeinsame Einkommensteuerklärung zu unterschreiben, in der der andere Ehegatte unrichtige oder unvollständige Angaben über eigene Einkünfte macht.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids nach §§ 191, 71 der Abgabenordnung (AO 1977), mit der die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) für Einkommensteuerschulden ihres Ehemannes in Anspruch genommen wurde.
Der Ehemann der Klägerin (X) war beim … beschäftigt. Im Jahre 1982 wurde er vom damaligen Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) für eine geheimdienstliche Tätigkeit angeworben. Hierfür erhielt er bis zu seiner Verhaftung Agentenlohn. Dieser Lohn wurde teilweise in monatlichen Beträgen ausgezahlt, die von 1982 bis 1988 jeweils 4 000 DM, ab 1989 4 500 DM im Monat betrugen. Darüber hinaus erhielt er Sonder- sowie Spesenzahlungen. 1992 wurde X durch das Oberlandesgericht (OLG) zu einer Freiheitsstrafe wegen Landesverrats in Tateinheit mit Bestechlichkeit verurteilt. Das Gericht ging u.a. davon aus, dass X insgesamt 692 000 DM als Agentenlohn erhalten habe.
Die Klägerin erzielte bis 1982/83 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In ihren gemeinsamen Steuererklärungen für die Jahre 1982 bis 1989 begehrten die Eheleute die Zusammenveranlagung, machten aber keine Angaben zu dem Agentenlohn.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) erließ gegen die Eheleute berichtigte Einkommensteuerbescheide, in denen er die Einkünfte des Ehemannes aus dessen Agententätigkeit gemäß § 22 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von insgesamt 591 500 DM versteuerte. Daraufhin beantragte die Klägerin die Aufteilung der Gesamtschuld, die das FA antragsgemäß vornahm. Am 5. Mai 1992 erließ das FA einen Haftungsbescheid nach §§ 191, 71 AO 1977, in dem es die Klägerin für die Einkommensteuer auf Grund der nicht erklärten Agenteneinkünfte in Höhe von insgesamt 255 […]