OVG Lüneburg
Az.: 4 ME 335/02
Beschluss vom 15.01.2003
Vorinstanz: VG Lüneburg – Az.: 4 B 102/02 – Beschluss vom 04.07.2002
Leitsätze:
Der Wunsch einer Mutter von vier Kindern, in nicht zu weit fortgeschrittenem Alter einen Beruf zu erlernen, um durch eigene Berufstätigkeit zur Sicherung der wirtschaftlichen Grundlage der Familie beitragen zu können, ist angemessen. Während der ausbildungsbedingten Abwesenheit der Mutter kann Tagespflege zum Wohl der Kinder erforderlich sein. Das gilt insbesondere dann, wenn aufgrund des Schichtdienstes der Mutter in dem Ausbildungsbetrieb eine zeitgleiche Betreuung der Kinder in einem Kindergarten nicht möglich ist.
Die Förderung der Entwicklung von Kindern in Tagespflege ist nicht auf Fälle beschränkt, in denen ein alleinerziehender Elternteil eine Berufsausbildung absolviert oder erwerbstätig ist oder die Familie ohne die (zusätzliche) Erwerbstätigkeit sozialhilfebedürftig würde. Förderungswürdig ist vielmehr auch das Bestreben einer vollständigen, kinderreichen Familie, sich durch Berufstätigkeit beider Elternteile eine wirtschaftliche Grundlage oberhalb des Sozialhilfeniveaus zu schaffen und zu sichern.
Aus dem Entscheidungstext:
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig und auch begründet.
Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Übernahme der Kosten, die durch die Betreuung ihrer beiden jüngsten Kinder Jan (geb. am 30. 1. 1999) und Lennart (geb. am 25. 8. 1997) durch eine Tagespflegeperson entstehen, glaubhaft gemacht. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats steht die Gewährung von Tagespflege zwar im Ermessen des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe, da das Land Niedersachsen von dem Vorbehalt in § 26 SGB VIII, das Nähere über Inhalt und Umfang der Tagespflege nach § 23 SGB VIII zu regeln, nicht Gebrauch gemacht hat (Senat, Beschl. v. 11. 12. 1992 – 4 M 5204/92 – OVGE 43, 345 = dng 1993, 130; Urt. v. 11. 1. 1995 – 4 L 3850/94 – NdsRpfl. 1996, 64; Urt. v. 23. 8. 1995 – 4 L 5875/94 -; Beschl. v. 9. 10. 1997 – 4 L 5579/96 -). Der Senat verpflichtet aber dann im Wege der einstweiligen Anordnung zu laufenden Leistungen der Sozial- oder Jugendhilfe, wenn anzunehmen ist, der Hilfeträger werde die Leistung bei sachgerechter Ausübung seines Ermessens erbrin[…]