Bundessozialgericht
Az: GS 1/06
Beschluss vom 25.09.2007
Der GroÃe Senat des Bundessozialgerichts hat am 25. September 2007 ohne mündliche Verhandlung beschlossen:
Die vom 1. Senat vorgelegten Rechtsfragen werden wie folgt beantwortet:
1. Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich nach medizinischen Erfordernissen. Reicht nach den Krankheitsbefunden eine ambulante Therapie aus, so hat die Krankenkasse die Kosten eines Krankenhausaufenthalts auch dann nicht zu tragen, wenn der Versicherte aus anderen, nicht mit der Behandlung zusammenhängenden Gründen eine spezielle Unterbringung oder Betreuung benötigt und wegen des Fehlens einer geeigneten Einrichtung vorübergehend im Krankenhaus verbleiben muss.
2. Ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, hat das Gericht im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen. Es hat dabei von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen. Eine „Einschätzungsprärogative“ kommt dem Krankenhausarzt nicht zu.
Gründe:
I
Im Ausgangsverfahren ist streitig, ob die beklagte Krankenkasse dem klagenden Sozialhilfeträger Kosten zu erstatten hat, die dieser für eine stationäre psychiatrische Krankenhausbehandlung des beigeladenen Versicherten aufgewendet hat.
Der Versicherte, der unter Betreuung steht, war aufgrund einer Minderbegabung mit Verhaltensstörungen, ua in Form einer Neigung zu auto- und fremdaggressiven Impulsdurchbrüchen und sexueller Enthemmung bei insgesamt dissoziativer Fehlreaktionsbereitschaft, seit 1991 mit kurzen Unterbrechungen stationär in Einrichtungen der Psychiatrie untergebracht. Zuletzt befand er sich von Dezember 1996 bis März 2000 durchgehend in der Fachklinik H. , einer Klinik für Psychiatrie, Neurologie und Rehabilitation. Die Beklagte übernahm nach Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) die dort angefallenen Kosten der stationären Behandlung bis einschlieÃlich 11. März 1997 und lehnte weitere Zahlungen mit der Begründung ab, dass der Zustand des Versicherten in der Folgezeit entgegen der Einschätzung des verantwortlichen Abteilungsarztes keine Krankenhausbehandlung mehr erfordert habe. Für den Klinikaufenthalt ab 12. März 1997 trat daraufhin der Kläger als Kostenträger ein.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, dem KlÃ[…]