BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
Az.: 1 BvR 12/92
Verkündet am 6. Februar 2001
L e i t s a t z zum Urteil des Ersten Senats vom 6. Februar 2001:
Zur gerichtlichen Kontrolle des Inhalts ehevertraglicher Abreden, die vor der Eheschließung mit einer Schwangeren getroffen werden und die Betreuungs- und Unterhaltssituation des gemeinsamen Kindes nach einer Scheidung berühren, am Maßstab des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 4 GG und des Art. 6 Abs. 2 GG.
Verfassungsbeschwerde
gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 28. November 1991 Az.: 16 UF 280/91.
Das Bundesverfassungsgericht – Erster Senat – hat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 8. November 2000 durch
Urteil
für Recht erkannt:
1. Das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 28. November 1991 – 16 UF 280/91 – verletzt die Beschwerdeführerin in ihren Rechten aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 4 sowie aus Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes. Das Urteil wird aufgehoben.
Die Sache wird an das Oberlandesgericht Stuttgart zurückverwiesen.
Das Land Baden-Württemberg hat der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe:
A.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, inwieweit Zivilgerichte von Verfassungs wegen verpflichtet sind, Eheverträge einer Inhaltskontrolle zu unterziehen, soweit darin für den Fall der Scheidung auf gesetzliche Unterhaltsansprüche verzichtet und ein Ehegatte von der Unterhaltsleistung für gemeinsame Kinder freigestellt wird.
I.
1. Eheverträge können schon vor der Heirat geschlossen werden, also von Bedeutung für die Eheschließung sein. Für sie gelten das allgemeine Vertragsrecht und einzelne familienrechtliche Regelungen, die Formerfordernisse aufstellen und Grenzen setzen. So kann nach § 1614 Abs. 1 BGB auf zukünftigen Verwandtenunterhalt nicht verzichtet werden. Diese Regelung gilt gemäß § 1360 a Abs. 3 und § 1361 Abs. 4 Satz 4 BGB für Eheleute entsprechend, die allerdings nach § 1585 c BGB für die Zeit nach der Scheidung Vereinbarungen über ihre ge[…]